«[Ein] Korrespondent auf zeitbildtagesspiegelschauwelt.de […] ergänzt ‹Das wird der Untergang dieser stolzen Partei sein, die damals bei 40 Prozent stand und nach zwei Jahrzehnten Agenda-Politik und Neoliberalismus noch von 13 Prozent der Bevölkerung gewählt würde.›»
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«Ähnlich schockiert zeigte sich Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (Gazprom), der parteiinterne Basisbefragungen offenbar nicht für lupenrein demokratisch hält, wenn sie nicht das gewünschte Ergebnis bringen […]»
«Experten befürchten, dass der Linksschwenk der SPD langfristig zu einem Abstieg wie dem der portugiesischen (Wahlergebnis: 36,34%) und spanischen (Wahlergebnis: 28%) Sozialdemokraten führen könnte, die derzeit beide mit linken Parteien koalieren. Auch ein grauenhaftes Schicksal wie das der britischen Labour-Partei, die bei der letzten Wahl 40% erreichten (aktuelle Umfragen: 33%), sei nicht auszuschließen.»
«Aufhänger war ein offener Brief des britischen Oberrabbiners Ephraim Mirvis, den die Times veröffentlicht hatte. […] Die britischen Medien nahmen diese Steilvorlage auf und niemand berichtete über die Hintergründe. Mirvis sieht sich als Freund von Boris Johnson und hat engste Kontakte zur Tory-Spitze. Offenbar geht es hier nicht um Antisemitismus, sondern um schmutzige Meinungsmache mitten in der Hochphase des Wahlkampfs.»
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«Bei seiner Ankunft wurde der Labour-Chef von einer kleinen, aber dafür umso lautstärkeren Gruppe von Demonstranten als ‹Rassist› beschimpft, eine dubiose Gruppe namens ‹Communities United against Labour Party Antisemitism› hielt Plakate hoch, die ihn als ‹Terroristen-Unterstützer› verunglimpften und Plakatwände auf angemieteten Trucks bezeichneten Labour als das ‹Zuhause für Holocaust-Leugner›. Wer hinter dieser selbst für britische Verhältnisse ungewöhnlichen Schmutzkampagne steht, blieb bislang im Dunkeln und scheint die britischen Medien ohnehin nicht zu interessieren.»
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«Warum sollte sich Corbyn aber für etwas entschuldigen, das überhaupt nicht zutrifft? Die Überschriften am Mittwochmorgen fielen jedoch ganz anders aus: ‹Jeremy Corbyn will sich nicht für den Antisemitismus bei Labour entschuldigen› (Daily Mail, Guardian, Sun, Telegraph, Times, BBC). […] [Mirvis'] Vorwürfe sind allesamt entweder schon lange als Falschmeldungen widerlegt oder betreffen randseitige Punkte, die von Labour schon vor einem Jahr beantwortet wurden. […] Medienwissenschaftler der Birkbeck University of London haben die Medienberichterstattung zu den Antisemitismusvorwürfen [des Jahres 2018] in der Studie ‹Labour, Antisemitism and the News – A disinformation paradigm› untersucht und sind dabei zu einem vernichtenden Urteil gekommen – Falschmeldungen, Manipulationen und einseitige Berichterstattung waren keine Ausnahmen, sondern die Regel.»
«‹Labour übernimmt gängige Antisemitismus-Definition›, so titelten gestern die deutschen Nachrichtenagenturen und interpretierten dies als Niederlage von Jeremy Corbyn.»
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«Der vom rechten Flügels der Labour-Partei instrumentalisierte ‹Antisemitismus-Streit› lähmte die politische Arbeit der britischen Linken nun bereits seit Monaten und mit tatkräftiger Unterstützung fast aller britischer Massenmedien drohte die Debatte sich auch noch bis in den Herbst zu ziehen. […] Labour übernimmt die Antisemitismus-Definition samt der umstrittenen Beispiele, ergänzt dies jedoch mit dem Zusatz, der einen Missbrauch der Definition zur Unterdrückung der Rede- und Meinungsfreiheit bei den Themen Israel und Palästina verhindern soll. […] Mitglieder des rechten Parteiflügels [haben] bereits klar gesagt, dass es ihnen nicht um das Thema ‹Antisemitismus› geht, sondern darum, Corbyn loszuwerden und die Partei wieder zu übernehmen.»
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«Diese neun Regionalvertreter der Labour-Partei werden turnusgemäß von der Basis gewählt und in diesem Jahr setzten sich bei der Wahl ausschließlich Mitglieder der Momentum-Bewegung durch – einer Sammlungsbewegung, deren Ziel es ist, zusammen mit Jeremy Corbyn progressive politische Positionen innerhalb der Partei und der Gesellschaft mehrheitsfähig zu machen. […] Dies unterstreicht eine weitere vollkommen überraschende Meldung vom Wochenende. Trotz Schmierenkampagne, trotz angeblicher ‹Massenaustritte› jüdischer Parteimitglieder und trotz einer breiten Einheitsfront gegen Jeremy Corbyn konnte die Partei im August offenbar mehr als zehntausend neue Mitglieder begrüßen und hat nun rund 540.000 Mitglieder. Vor Corbyns Kandidatur für den Parteivorsitz waren es nur rund 190.000. Jeremy Corbyn und Momentum haben also die Zahl der Parteimitglieder fast verdreifacht und so auch dafür gesorgt, dass dem rechten Flügel sinnbildlich die Basis abhanden gekommen ist.»
«Der Firmenboss, zu dessen Konzern etwa der Stoßdämpferfabrikant Bilstein zählt, besuchte lediglich einen wichtigen Kunden (…) Tesla von außen, deutsche Technik von innen: Auch ohne Werk in der Bundesrepublik entwickeln sich die Modelle des US-Elektroautobauers schon seit Jahren immer mehr zu ‹deutschen› Pkw. Dabei ist neben Thyssenkrupp beinahe alles vertreten, was in der hiesigen Zulieferindustrie einen Namen hat: von den Multi-Anbietern Bosch, ZF und Continental über den Sitzespezialisten Recaro, den Chip-Hersteller Infineon und den Innenraumausstatter Dräxlmaier bis zum Soundanlagen-Fachbetrieb S1nn. An der Produktion der Teslas im kalifornischen Fremont sind unter anderem Maschinen und Roboter von Schuler, Kuka und Dürr beteiligt. Mindestens 36 deutsche Tesla-Zulieferer zählte die Wirtschaftswoche im vorigen Jahr. Den rheinland-pfälzischen Automationsexperten Grohmann kauften die Amerikaner gleich ganz – ohne ihn würde die Massenproduktion des Model 3 wohl immer noch nicht laufen. (…) ‹Es ist schlicht unmöglich, ein Luxusauto ohne deutsche Komponenten zu bauen›, schrieb ein Kolumnist der US-Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg schon vor gut zwei Jahren.»
«Die Kosten für das Ende 2017 vom Stadtrat beschlossene Vorhaben der Rückmigration sollten anfangs geheim bleiben. (…) Die ‹zahlungswirksamen› Gesamtausgaben für sämtliche Umsetzungsprojekte sollen sich demnach für die nächsten sechs Jahre zunächst auf 86,1 Millionen Euro belaufen. Davon entfielen 49,3 Millionen allein auf den vorgesehenen einheitlichen IT-Arbeitsplatz mit Windows. Der Abschied auch vom bislang eingesetzten LibreOffice ist noch offen: Ein unabhängiger Sachverständiger sollte dafür zunächst die von diesem Schritt abhängigen hohen Folgekosten für die erforderliche Umstellung tausender Makros, Formulare und Vorlagen analysieren. Beobachter rechneten insgesamt mit einem Gesamtbudget im dreistelligen Millionenbereich für eine Komplettumstellung.»
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«Der damalige Konzernvize Steve Ballmer habe 2003 eigens seinen Ski-Urlaub in der Schweiz unterbrochen und bei einer Unterredung ‹witzigerweise› ständig neue finanzielle Angebote und Zugaben etwa für das Schulreferat unterbreitet. ‹Laufend wurden die um eine Million und noch eine Million und noch eine Million und später ein Dutzend Millionen günstiger als zuvor› (…) ‹Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, es geht uns um die Unabhängigkeit. Wir wollen nicht abhängig sein.› [Firmengründer Bill Gates] habe dies als Unsinn abgetan, obwohl der Anstoß für den Wechsel hin zu freier Software Preiserhöhungen und ein Support-Aus bei Microsoft gewesen seien. Der damalige Konzernchef habe gesagt: ‹Es ist für mich unbegreiflich, das ist Ideologie.›»
«Die ‹erste Bewegung› für die Rückmigration kam laut [dem früheren SPD-Oberbürgermeister Christian Ude] ‹unbegreiflicherweise von der OB-Kandidatin der Grünen›. Sabine Nallinger habe ‹von einem Tag auf den anderen zum Entsetzen ihrer eigenen Stadtratsfraktion verkündet, dass LiMux weg muss und dass es das Gebot der Stunde sei, zu Microsoft zurückzukehren›. (…) Ebenfalls als ‹verblüffend› empfindet Ude bis heute das das parallele ‹Umfallen der SPD›, das sich innerhalb eines Jahres vollzogen habe. (…)»
«DUN DUN DUN... Brian Tyler and his orchestra perform the F1 theme - LIVE - at the Heineken F1 Hollywood Festival! (Who else wants to be the drummer?!)»
«Alle Jahre wieder sehe ich mich der gleichen Debatte ausgesetzt. (…) ‹Wie hältst du es mit dem Unrechtsstaat?› Obwohl ich ebenso konsequent seit 20 Jahren ehrlich und klar darauf antworte, wiederholt sich diese Frage fast rituell immer wieder.»
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Nicht-Aufarbeitung des Nationalsozialsmus in der DDR
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«Einer der darin aktiv Verstrickten war der deutsch-ägyptische Kinderarzt Prof. Jussuf Ibrahim. Nach ihm waren Straßen und Kindergärten benannt und er war ein großer bedeutender Kinderarzt in der DDR. Erst im Jahr 2000 drang in die Öffentlichkeit vor, wie tief er in das mörderische Regime der NS-Zeit verstrickt war.»
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«Verwundert war ich allerdings, als ich […] feststellen musste, dass die Namen und die Verantwortlichen des Entjudungsinstituts, die Verwicklungen und die Verstrickungen alle dem Ministerium für Staatssicherheit bekannt waren und der Teil, der nicht in den Westen geflüchtet war, unbescholten in der DDR weiter leben konnte. Sie mussten sich offensichtlich zu keiner Zeit ihrer Verantwortung stellen, weder in der Kirche, noch vor DDR-Gerichten.»
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«Besonders spannend fand ich, als jemand der jetzt 30 Jahre in Erfurt leben, dass mir niemals die Dinge begegnet sind, die 1975 in unserer schönen Stadt Erfurt passiert sind. […] Es ist klar zu erkennen, dass es ausländerfeindliche pogromartige Ausschreitungen waren, die sich vom 10. bis zum 13. August direkt gegen algerische Vertragsarbeiter ereigneten. Erst wurden diese Vertragsarbeiter geholt, um sie in die Betriebe zu integrieren, denn Arbeit war genug da, aber zu viele Menschen waren gegangen. Diese Algerier wurden dann durch die Erfurter Innenstadt gejagt und mit Eisenstangen und Holzlatten attackiert. Selbst im Angesicht der Ereignisse von Rostock-Lichtenhagen viele Jahre später, haben Erfurter Freunde von mir diese Ereignisse nicht erwähnt. Nicht, weil sie darüber schweigen wollten, sondern weil es überhaupt nicht bekannt war. Gerüchteweise oder da wo Augenzeugen da waren, ja, die hätten es erzählen können. Aber der Sicherheitsapparat der DDR und die Staatsdoktrin taten ihr Übriges, denn es konnte nicht geschehen sein, was nicht sein darf.»
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Nicht-Aufarbeitung des Nationalsozialsmus in der Bundesrepublik
«Seit rund 20 Jahren beantworte ich die Frage nach dem Unrechtsstaat DDR immer dahingehend, dass ich betone, dass ich das begangene Unrecht und das erlittene Unrecht in der DDR nie bestritten habe und nie bestreiten würde. Trotzdem verweise ich immer wieder auf den Juristen, der in Deutschland überhaupt erst diesen Unrechtsstaat als juristischen Begriff in die Judikative eingeführt hat. Schon seit 1853 geistert der Begriff hinlänglich durch die politische Debatte. Aber zur juristischen Formel wurde er erst 1963 in Frankfurt/Main. Der Generalstaatsanwalt von Hessen, Fritz Bauer, der als überlebender Jude und Volljurist in Westdeutschland aktiv am Wiederaufbau mitgewirkt hat, dieser Fritz Bauer musste beobachten und erleben, wie um ihn herum das juristische Personal als Richter und Staatsanwälte alltäglich Recht gesprochen haben, obwohl sie tief in der Schuld des NS-Regimes verstrickt waren.»
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«Fritz Bauers Name ist eben auch verbunden mit dem Eichmann-Prozess in Israel. Offensichtlich hat Fritz Bauer den deutschen Gerichten nicht getraut und wie er es dann auch in Interviews erzählt hat zu Recht. Als dann Fritz Bauer Namenslisten von Auschwitz-Aufsehern zugespielt wurden, gab es die nächste Runde, um sich der juristischen Aufarbeitung und damit der konkreten Verantwortung zu entledigen. Lediglich der hessische Ministerpräsident Georg-August Zinn (SPD) stärkte Fritz Bauer den Rücken, aber er traf auf den Widerstand von Konrad Adenauer und seinem Chef des Bundeskanzleramtes, Hans Globke. […] Hans Globke war immerhin Mitautor der NS-Rassegesetze und all dem, was mit den schrecklichen Nürnberger Gesetzen an Voraussetzungen geschaffen wurde, um später jüdische Menschen ins Gas zu deportieren.»
«Da sich aktuell aber auch die FDP an mir abarbeitet und das Thema Unrechtsstaat für sich entdeckt, sollte ich noch erwähnen, dass der Bundesjustizminister von 1962 bis 1965 Ewald Bucher hieß und von der FDP gestellt wurde. Man kann sich fragen, was die Freien Demokraten 1962/63 getan haben, um Fritz Bauer zu unterstützen, oder ob sie es wie Adenauer gehalten haben, es lieber mit dem Mantel des Schweigens zu überdecken. Wie auch im Übrigen erwähnt sei, dass am 11. August 1990 die DDR-Blockpartei LDPD in die FDP aufgegangen ist und damit die heutige FDP ebenso rechtsidentisch für eine Blockpartei einstehen müsste.»
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Fortgeltung des DDR-(Un)recht in der Bundesrepublik
«Die Eltern von zwangsadoptierten Kindern in der DDR erhalten bis heute die Adoptionsakten ihrer Kinder nicht ausgehändigt. Bis heute wissen sie nicht, wo ihre Kinder sind und die Kinder wissen nicht, dass die leiblichen Eltern leben.»
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«Bei den Aktionen ‹Kornblume› und ‹Ungeziefer› wurden willkürlich Menschen im Grenzgebiet der DDR-Staatsgrenze aus ihren Häusern vertrieben. […] Allein die beiden Decknamen machen deutlich, wie zynisch dieser Vorgang zu bewerten ist, denn diesen Menschen das Wort Ungeziefer zuzuordnen, entspricht original dem NS-Sprachgebrauch. Diese Menschen wurden ins Landesinnere gebracht und an den Orten, wo man die LKW’s wieder ablud, hatte man Wochen vorher schon den Nachbarn erzählt, dass es sich um lichtscheues Gesindel handelt, die mit dem Gesetz über Kreuz liegen würden. […] Die Menschen, die im Grundbuch eingetragen waren, bekamen nach den Entschädigungsregeln der DDR eine Summe zuerkannt, die nach den Regeln der DDR natürlich in keinerlei Relation zum eigentlichen Wert stand und nach 1990, als die Menschen versuchten ihr Eigentum wieder zurück zu bekommen, erlebten sie auf einmal, dass die DDR-Rechtsetzung als Grundlage für die Neuberechnung von möglichen Entschädigungen zugrunde gelegt wurde. In einer weiteren Fallkonstellation wurden damit sogar höhere dreistellige Millionenbeträge neu zugeordnet. Die sogenannten Mauergrundstücke in Berlin waren natürlich zwischenzeitlich Millionenvermögen und darum entwickelte sich ein riesiges Gezerre. Offenkundig wollten genügend Interessenvertreter an diesen Mauergrundstücken partizipieren. Bei den Zwangsausgesiedelten war es aber so, dass sie meistens ihr eigenes Eigentum nicht zurück bekamen oder die Häuser im Zuge der Grenzsicherung längst abgerissen waren.»
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«Für mich ist es deshalb umso verwunderlicher, wie schnell ich aus konservativ oder liberaler Ecke angegriffen werde, wenn ich das Thema juristische Formel Unrechtsstaat thematisiere und die gleichen, die mich angreifen, ohrenbetäubend schweigen, wenn es um das begangene Recht der Eltern der Zwangsadoptierten und der Zwangsausgesiedelten geht. Hier hätte ich mir fünf Jahre lang ebenso lautstarke Mitstreiter gewünscht, damit den Menschen, um deren Schicksal es geht, die tatsächlich Unrecht in der DDR erlitten haben, nicht mit dem heutigen westdeutschen Recht gehindert werden, ihr Unrecht aufgearbeitet zu bekommen.»
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«Es gibt sogar rechtliche Übergangsprobleme, die mit dem Einigungsvertrag zementiert worden sind und auf ganz unspektakuläre Art und Weise im DDR-Rechtssystem entstanden sind. Die Frauen, die Ende der Achtziger Jahre ihre Scheidung eingereicht haben und vor 1990 auf gültigem DDR-Recht ein Scheidungsurteil bekamen, erlebten nach dem Beitritt in die Bundesrepublik, dass der Rentenausgleich auf Basis des DDR-Rechtes zu vollziehen ist, obwohl der Rentenfall wesentlich in der Bundesrepublik Deutschland eintritt. Ebenso gab es Ehefrauen, die hart und intensiv in den eigenen Familienbetrieben gearbeitet haben. Die sogenannten mithelfenden Ehefrauen waren in DDR-Recht rentenberechtigt für die erarbeiteten Ansprüche des Familienbetriebes. So eine Konstruktion gab und gibt es in Westdeutschland nicht. Auch diese Frauen mussten erleben, dass sie am Beitrittstag noch einen gültigen DDR-Rechtsanspruch hatten, der am Tag des Beitritts im westdeutschen Recht untergegangen ist. Man kannte solche Fallkonstellationen nicht. Deswegen gab es auch keine Regelungen dafür. 30 Jahre später erleben sowohl die mithelfenden Ehefrauen, als auch die DDR-Geschiedenen, dass sie entnervt und ohnmächtig zuschauen müssen, wie ihre Ansprüche immer wieder als berechtigt angesehen werden, aber leider leider nach westdeutschem Recht keine Gerechtigkeit hergestellt werden könnte. An dieser Stelle müsste es eine politische Entscheidung geben, denn Rechtsüberleitungen sind eben nicht ohne Tücken.»
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«Unrechtsstaat»
«Anzuerkennen, was Menschen empfinden, und die Empfindung des Unrechtsstaates ist für jeden, der Unrecht erlebt hat, eine sehr lebendige Empfindung. Die Form allerdings, wie das empfundene Unrecht instrumentell benutzt wird, ist das was ich kritisiere und warum ich mich verweigere, den juristischen Begriff zu übernehmen, da sich die Bundesrepublik Deutschland weigert, heute, 30 Jahre nach der Grenzöffnung, bestehendes Unrecht aufzuheben. An diesem konkreten, immer noch fortwirkenden Unrecht muss man aber auch den Unrechtsstaatsbegriff messen. Die Eltern der Zwangsadoptierten, die Familien der Zwangsausgesiedelten, aber auch die geschiedenen und die mithelfenden Ehefrauen würden sich wünschen, wenn der Chor derer, die so laut von mir abverlangen, dass ich endlich das Bekenntnis ablegen soll und das Wort Unrechtsstaat als universellen Begriff für die DDR anwenden soll, wenn dieser Chor genauso laut dafür kämpfen und streiten würde, dass das konkrete Unrecht aufgehoben wird.»
«Und was den Umgang mit dem Unrecht der DDR anbetrifft, so geht es auch hier darum, dass wir uns konkret mit den Opfern und ihren Schicksalen befassen und für Aufklärung sorgen. So habe ich mich persönlich um die Aufklärung des Schicksals vom Matthias Domaschk bemüht, der 1981 in Stasihaft in Gera ums Leben gekommen war. Die genauen Umstände seines Todes konnten auch wir nicht aufklären aber niemand wird ernsthaft bestreiten, dass er ein Opfer von Unrecht und Diktatur wurde, dem unser Gedenken gelten muss. Und auch auf anderen Bereichen war und ist die Landesregierung tätig, etwa zum Thema ‹Umgang mit Christinnen und Christen in der DDR›. All das geht über bloße Bekenntnisse weit hinaus und wird auch von den Verbänden und Betroffenen durchaus anerkannt.»