«Erschreckend ist, dass der Soziologe andeutet, die ostdeutsche Gesellschaft sei quasi von Natur aus rassistisch (‹grundsätzlich fremdenfeindliche Einstellung›). Worin unterscheidet sich solch eine Bewertung eigentlich noch von den Behauptungen des Björn Höcke, der eine Klassifizierung von Menschen nach Ausbreitungs- und Platzhaltertypen vornimmt? Ist der Soziologe […] etwa selbst ein Rassist? Natürlich nicht. Er arbeitet nur sehr oberflächlich, um nicht zu sagen, interessengeleitet. So vertritt Yendell eine gängige Sprachregelung, wonach es den Menschen im Osten wirtschaftlich gut ginge. Das zeigten seine Untersuchungen. Unterschlagen wird aber, dass gerade in den ostdeutschen Bundesländern jeder Dritte für einen Niedriglohn arbeiten muss und die Löhne im Schnitt 33 Prozent unter denen des Westens liegen, wie Sahra Wagenknecht […] noch einmal unterstrich. Die Ergebnisse der Landtagswahl in Thüringen widersprechen zudem der Einschätzung des Soziologen. Demnach gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen dem Bildungsabschluss und der Wahlentscheidung. Wenn man nun den naheliegenden Schluss zöge, dass der formale Bildungsabschluss auch etwas mit der sozioökonomischen Situation des Einzelnen zu tun hat, ist die Aussage, dass es AfD-Wählern gut gehe, schlicht falsch.»
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«Er verdeckt ein weiteres Mal die inhaltliche Nähe der sogenannten Alternative für Deutschland zu den anderen Parteien, die sich immer noch gern in der Mitte der Gesellschaft verorten, obwohl sie in Wirklichkeit schon längst mehrere große Schritte nach rechts unternommen haben. Was die AfD und die von ihr geschmähten ‹Altparteien› verbindet, ist die neoliberale Grundausrichtung, die durch die weitgehende Ablehnung und Schleifung des Sozialstaats gekennzeichnet ist. Diese frappierende Ähnlichkeit in der politischen Ausrichtung zu benennen, ist aber ein mediales Tabu.»
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«Die Partei arbeitet gerade im Osten mit Konzepten, die teilweise von den Linken übernommen worden sind und stößt damit recht erfolgreich in ein politisches Vakuum vor, das die progressiven politischen Kräfte auf der linken Seite hinterlassen haben, weil sie eben die AfD nicht inhaltlich stellen, sondern nur mit plumpen Faschismusvorwürfen überziehen wollen. So kann die AfD gerade auch in den Bevölkerungsschichten große Erfolge feiern, die auf einen funktionierenden Sozialstaat dringend angewiesen sind. Der Bedarf an einer anderen Sozialpolitik ist also erkennbar hoch, wird aber durch die etablierten Parteien gar nicht maßgeblich thematisiert, weil ihnen der Ausschluss der AfD aus dem Kreis der Demokraten und, noch schärfer, die Stigmatisierung der AfD als faschistische oder rechtsradikale Partei viel wichtiger ist.»
«Für die Anhänger der neoliberalen Agenda ist dieser Prozess geradezu ein Geschenk, weil sie die berechtigte Forderung nach einer Änderung der Sozialpolitik in Zukunft als AfD-nah brandmarken können. So gesehen ist es nur folgerichtig, wenn eine durch den Westen dominierte Öffentlichkeit das Wort Faschismus als Vorwurf möglichst häufig bemüht, um auch weiterhin eine dringend notwendige Kehrtwende in der Sozialpolitik unterdrücken zu können.»
«Im Grunde sind es die immer gleichen Zyklen, in denen der Halbkontinent gefangen ist. In den Nullerjahren versuchten linke Regierungen, die Einnahmen aus dem Rohstoffboom gerechter zu verteilen als ihre liberalen Vorgänger, für einen Ausgleich zu sorgen und mehr Menschen in die Mittelschicht zu hieven.»
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«Manche Regierungen versuchten es nun wieder mit den Mitteln der Neunzigerjahre. […] Subventionsabbau, Privatisierungen, Austerität. Das trifft dann etwa ecuadorianische Bauern, Kleinhändler oder Busunternehmer, die ihre Existenz auf subventioniertem Diesel aufgebaut haben.»
«Chile ist ein Sonderfall, dort herrscht seit den Pinochet-Jahren das Recht des Stärkeren, der Staat ist in der Daseinsvorsorge so gut wie absent. Produktivität, gute Rohstoffpreise und Arbeitsamkeit haben dem Land eine lange Stabilitätsphase eingebracht. Doch parallel stieg die Wut über die Schattenseiten: Explodierende Preise für Gesundheitsversorgung, Miete, Strom, Bus und Bildung haben viele Menschen in Existenznöte gestürzt.»
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«Neben gerechterer Verteilung steht aber noch etwas anderes auf der Liste vieler Demonstranten: die Forderung nach funktionierender Demokratie, transparenten Wahlen, sauberen Machtwechseln.»
«Jene Spielart des Christentums, wie sie von der Oberösterreichern wenigsten pro-forma noch gepflegt wird, ist an sich gut erforscht. Wir haben es mit der katholischen Variante zu tun und zwar in einer sehr stark von der sogenannten ‹Gegenreformation› geprägten Abart. Es ist, wie auch in den anderen uns bekannte Ausprägungen, eine aus vielen disparaten Elementen zusammengesetzten, also synketistische, […] nicht leicht zu verstehende Religion. In gewisser Weise dem Judentum udn dem Islam verwandt. Von diesen beiden aber unterschieden durch den Mythos eines getöteten und wieder auferstanden jungen Gottes — auch das keine originäre Prägung, sondern aus vorderasiatischen Mythen abgeleitet, den des Dionysos, des Apis, des babylonischen Talmuds, des Marsias und so fort. Verschmolzen mit dem Nordischen des Odin oder Wotan, der wie jene der Devolutions-Götter an einem Baume hängend starb, um dann, verwandelt, wieder auferstehen zu können.»
«Am Erstaunlichsten freilich ist die Behauptung, auf die ich immer wieder gestoßen bin, man hänge einer monotheistischen Religion an. Tatsächlich aber hat sich aus […] möglicherweise monotheistischen Anfängen ein etwas bizarrer Vielgötterglaube entwickelt. Die vier großen Gottheiten sind ein namenloser und nur selten bildlich dargestellter Vatergott, eine Mutter-Gottheit, jener schon erwähnte junge Gott, oft auch als in seiner Funktion nicht ganz klarer Gottessohn bezeichnet — Halb Mensch, halb Gott — und dann noch — als Nummer Vier aber offenbar als sehr einflussreich eingeschätzt — ein böser Gott, der alles Übel in die Welt gebracht haben soll. Als Nummer fünf wäre noch zu erwähnen eine zwar theoretisch dem Namenlosen und dem jungen Gott gleichgestellte, aber vom Volk kaum verehrte Gottheit in Tiergestalt: Nämlich als weiße Taube dargestellt.»
«Der junge, gehängte und wiederauferstandene Gott scheint im Laufe der Jahrhunderte Bedeutung und Funktion stark verändert zu haben. Von einer mit totemistischen Ritualen verehrten Vegetationsgottheit wurde er nach und nach mit wenig überzeugenden theologischen Argumenten in eine Herrscher-Gottheit umgedeutet. Und die Verwalter des Kultes dieses Gottes machten sich damit selbst zu Herrschern. Heute noch erzählen alte Oberösterreicher, dass früher ohne die Zustimmung der ‹Geistlichen Herren› — so nannten sich die Kult-Beamten — nichts geschehen durfte. Von der Macht dieser Geistlichen Herren zeugen heute noch die gewaltigen Kulthäuser — leicht erkennbar an den angebauten Türmen […] Daneben gibt es aber Phänomene, etwa animistische Denkweisen […]»
«[Die im Frühjahr 1990 gegründete Treuhandanstalt] sollte ab März 1990 zunächst im Auftrag des ‹Zentralen Runden Tisches› das ‹Volksvermögen› bewahren. Ab Juli 1990 sollte die Treuhand schließlich nach Beschluss der Volkskammer Tausende Betriebe der DDR unter der Führung erfahrener westdeutscher Industriemanager, Unternehmer und Beamter schnellstmöglich ‹entstaatlichen›, also vor allem privatisieren, sanieren oder aber abwickeln.»
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«Ursprünglich, im Sommer 1990, standen rund 8.500 Betriebe in 370 Kombinaten mit über vier Millionen Beschäftigten in den Büchern der Treuhandstelle. (…) Gut drei Viertel der Betriebe ging dabei an westdeutsche Investoren, meist größere Unternehmen. (…) Von den am Ende durch Aufspaltungen entstandenen knapp 12.500 Betriebseinheiten wurden letztlich 53 Prozent privatisiert (…) Die restlichen 30 Prozent wurden schließlich stillgelegt beziehungsweise ‹abgewickelt›. (…) Die Betriebe [hatten] ihr Personal im Laufe der Jahre durch beträchtliche Massenentlassungen erheblich reduziert. Von den ursprünglich vier Millionen Arbeitsplätzen blieben nach der Arbeit der Treuhandanstalt knapp eine Million erhalten. (…) In den frühen Neunzigerjahren fand durch die Hände der Treuhandanstalt eine energische Umwandlung von (DDR-)Volkseigentum in zumeist westdeutsches Privateigentum von immensem Ausmaß statt (…) Während manche Branchen wie Dienstleistungen, Energie, Finanzen, Versicherungen und Verlage als besonders attraktive ‹Perlen› sehr schnell einen westdeutschen Abnehmer fanden, ließen sich für die die DDR-Planwirtschaft dominierenden, klassischen Großindustrien wie beispielsweise Werkzeug- und Maschinenbau, Metallurgie, Chemie, Textil und Werften nur schwer finanzkräftige Investoren aufspüren.»
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«Während gerade ehemalige westdeutsche Politiker und Treuhandexperten mit Nachdruck hervorheben, wie abgrundtief marode die im Jahr 1990 vorgefundenen Betriebe der DDR-Planwirtschaft mit ihren veralteten Produkten, verschlissenen Maschinen oder heruntergekommenen Fabrikhallen gewesen seien, betonen gerade ostdeutsche Betroffene hartnäckig deren prinzipielle Wettbewerbsfähigkeit – oftmals unter Verweis auf vor 1989 erfolgreich getätigte Exporte nach Westdeutschland. Nach dieser kritischen Lesart sei die potentielle ostdeutsche Konkurrenz gerade durch die Treuhandanstalt ab 1990 an westdeutsche Konzerne ‹verscherbelt› oder aber im Ansatz bereits ‹plattgemacht› worden. Die ostdeutsche Bevölkerung sei so um ihr hart erarbeitetes Vermögen letztendlich betrogen worden.»
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«Diese sich hier nun im Laufe des Geschäftsalltags zusammenballende Datenfülle wurde jedoch nicht nur für die jeweiligen betrieblichen Bewertungs- und Privatisierungsvorgänge als Entscheidungsgrundlage genutzt. Intern rief die Treuhandspitze um Birgit Breuel gerade 1991/92 einen regelrechten Privatisierungswettbewerb zwischen einzelnen Direktoraten und Niederlassungen aus, veröffentlichte zum Vergleich die Kennzahlen der erfolgreichsten Privatisierungsdirektorate oder knüpfte individuelle Bonuszahlungen für Führungskräfte an die Erreichung bestimmter Zielvorgaben. (…) In dieser erinnerungskulturellen Rückschau hat gerade die Treuhand die ostdeutsche Bevölkerung im Interesse westdeutscher Konzerninteressen enteignet.»
Alexander Stannigel — ist mit Manuela Strunz und Chris Walter hier: Sachsenring.Sonnabend, 28. September 2019 · Oberlungwitz
#223
10 Minuten vor Ende des Porsche Carrera Cup-Qualifyings: Ich kann mich täuschen, aber es schien als wären die richtigen Reifen für Luca Rettenbacher verbummelt worden.
Ging dann aber doch noch rechtzeitig raus auf die Strecke.
«[Der dubiose ukrainische Energiekonzern Burisma], gegen den [2014] von verschiedener Seite aus ermittelt wurde, berief Hunter Biden in den Aufsichtsrat. Hunter Biden ist nicht nur der Sohn des ehemaligen US-Vizepräsidenten Joe Biden, sondern auch einer der größten Spender für die Wahlkämpfe seines Vaters. Joe Biden wiederum war beim Umsturz in der Ukraine besonders aktiv und hatte damals maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der ukrainischen Regierung ausgeübt.»
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«Der Generalstaatsanwalt, der durch Bidens Erpressung gefeuert wurde, ermittelte nämlich damals gegen den Oligarchen Mykola Zlochevsky – es ging um Steuerbetrug, Geldwäsche und Korruption. Zlochevsky war pikanterweise jedoch auch der Besitzer von Burisma, dem Energiekonzern, der Hunter Biden den lukrativen Posten verschaffte und womöglich auch in anderweitige Geschäfte mit den Bidens verwickelt war. Biden hat also seine Position als Vizepräsident dafür missbraucht, Einfluss auf die Ermittlungen gegen ein Unternehmen zu nehmen, mit dem seine Familie in engem wirtschaftlichen Kontakt stand und das – über den Umweg Hunter Biden – indirekt auch seine eigene Wahlkampfkasse mitfinanzierte.»
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«Sowohl Trump als auch Biden [können] das Regierungsamt nicht so recht von ihren persönlichen Interessen trennen und [missbrauchen] ihre Macht, um persönliche Vorteile zu erlangen. Erstaunlich ist jedoch, dass die Medien eben nicht in beide Richtungen schießen, sondern ihr Dauerfeuer einmal mehr auf Donald Trump alleine fokussiert haben. Der SPIEGEL bezeichnet Trumps Verteidigung beispielsweise reflexhaft als ‹Ablenkungsmanöver› und nennt die Vorwürfe gegen Biden wörtlich ‹längst widerlegt›. Das ist eine glatte Lüge. Es ist zwar in der Tat strittig, ob Bidens Erpressung die Ermittlungen nun behindert oder gar forciert hat – fest steht, dass er in unangemessener Form Einfluss auf eine Ermittlung genommen hat, die direkten Einfluss auf die wirtschaftlichen Interessen seiner Familie hatte. Ganz nach dem Motto ‹Haltet den Dieb, er hat mein Messer im Rücken!› blasen nun die Demokraten im Wahlkampf zur Hatz auf Trump und ignorieren die schwerwiegenderen Vorwürfe gegen ihren Kandidaten Biden komplett – und die Medien spielen dieses Spiel servil mit.»