«Taiwan hätte eigentlich nach der Volksrepublik China das Land mit den schlimmsten Epidemie-Ausmaßen sein müssen. Modellrechnungen aus dem Januar jedenfalls sagten genau das voraus. Grundlage dieser Vorhersagen war etwa die Tatsache, dass fast eine Million Taiwaner auf dem Festland leben und regelmäßig hin und her reisen und dass jährlich fast drei Millionen Touristen aus China kommen. Dazu kommt, dass die meisten Bürger täglich öffentliche Verkehrsmittel benutzen und sehr eng bei einander leben.»
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«Diese Hilfe wird, obwohl sie aus Taipeh angeboten wird, kaum angenommen. Der offensichtliche Grund dafür ist, dass die Volksrepublik China Taiwan als seine eigene Provinz ansieht und dass die internationale Gemeinschaft diese ‹Ein-China-Politik› weitgehend und auch in teilweise absurder Konsequenz mitträgt. Taiwan ist deshalb so ziemlich von allen internationalen Organisationen ausgeschlossen. Dazu gehört auch die Weltgesundheitsorganisation WHO. Selbst in der derzeitigen Ausnahmesituation durften, soweit bekannt, bislang nur in einem einzigen Ausnahmefall Fachleute aus Taiwan in Genf ihre Expertise einbringen.»
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«Aufgrund der Erfahrungen mit dem [‹Severe Acute Respiratory Syndrome› (SARS)], von dem Taiwan 2003 trotz damals noch viel geringerer Verflechtungen mit China schwer betroffen war, [wurde] dort unmittelbar danach eine für solche Fälle bestimmte Institution gegründet. Dieses ‹Nationale Gesundheits-Kommando-Zentrum› (NHCC) fungiert seither als zentrale Koordinationsstelle [u.a. des] ebenfalls aufgrund der SARS-Erfahrungen neugegründete ‹Zentrale Kommandozentrum für Epidemien› (CECC) [und des] ‹Kommandozentrum für biologische Pathogene›.»
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«Am 31. Dezember 2019 wurde die Weltgesundheitsorganisation über eine Welle von Lungenentzündungen unbekannter Ursache in Wuhan informiert. Schon an diesem Tag bestiegen die ersten Beamten aus Taipeh Flugzeuge, um Passagiere auf Direktflügen von Wuhan auf Fieber und Lungenentzündungssymptome zu untersuchen, noch bevor diese das Flugzeug in Taipeh verlassen konnten. Bereits am 5. Januar 2020 wurde begonnen, nach allen Personen zu suchen, die in den vorherigen 14 Tagen von Wuhan aus eingereist waren und zum Zeitpunkt der Einreise Fieber oder Symptome einer Infektion der oberen Atemwege hatten. Verdachtsfälle wurden, da es einen Test auf das neue Virus damals noch nicht gab, auf 26 Viren untersucht, darunter SARS und das ‹Middle East Respiratory Syndrome› (MERS). Personen mit Symptomen wurden zu Hause unter Quarantäne gestellt und besucht, um zu beurteilen, ob eine Behandlung in einem Krankenhaus erforderlich war.»
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«Hilfreich war und ist mit Sicherheit auch, dass eine Einreise nach Taiwan auf dem Landweg nicht möglich ist und es, anders als in Europa, praktisch keine unkontrollierten Grenzübertritte gibt. Tatsache ist aber auch, dass wahrscheinlich alle Fälle in Europa und fast überall sonst außerhalb Asiens auf per Flugzeug eingereiste Personen zurückgehen, die also rein theoretisch auch entsprechend hätten befragt und kontrolliert werden können.»
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«Tatsächlich gilt Taiwan aber offiziell – weil es als Teil Chinas behandelt wird – seitens der WHO als absolutes Hochrisikogebiet, mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen etwa hinsichtlich Reisebeschränkungen für seine Bürger. Gleichzeitig wird dem Land Zugang zu damit verbundenen internationalen Hilfsmaßnahmen aber de facto verwehrt, da all diese über Peking laufen müssen.»