«Der Firmenboss, zu dessen Konzern etwa der Stoßdämpferfabrikant Bilstein zählt, besuchte lediglich einen wichtigen Kunden (…) Tesla von außen, deutsche Technik von innen: Auch ohne Werk in der Bundesrepublik entwickeln sich die Modelle des US-Elektroautobauers schon seit Jahren immer mehr zu ‹deutschen› Pkw. Dabei ist neben Thyssenkrupp beinahe alles vertreten, was in der hiesigen Zulieferindustrie einen Namen hat: von den Multi-Anbietern Bosch, ZF und Continental über den Sitzespezialisten Recaro, den Chip-Hersteller Infineon und den Innenraumausstatter Dräxlmaier bis zum Soundanlagen-Fachbetrieb S1nn. An der Produktion der Teslas im kalifornischen Fremont sind unter anderem Maschinen und Roboter von Schuler, Kuka und Dürr beteiligt. Mindestens 36 deutsche Tesla-Zulieferer zählte die Wirtschaftswoche im vorigen Jahr. Den rheinland-pfälzischen Automationsexperten Grohmann kauften die Amerikaner gleich ganz – ohne ihn würde die Massenproduktion des Model 3 wohl immer noch nicht laufen. (…) ‹Es ist schlicht unmöglich, ein Luxusauto ohne deutsche Komponenten zu bauen›, schrieb ein Kolumnist der US-Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg schon vor gut zwei Jahren.»
«Die Kosten für das Ende 2017 vom Stadtrat beschlossene Vorhaben der Rückmigration sollten anfangs geheim bleiben. (…) Die ‹zahlungswirksamen› Gesamtausgaben für sämtliche Umsetzungsprojekte sollen sich demnach für die nächsten sechs Jahre zunächst auf 86,1 Millionen Euro belaufen. Davon entfielen 49,3 Millionen allein auf den vorgesehenen einheitlichen IT-Arbeitsplatz mit Windows. Der Abschied auch vom bislang eingesetzten LibreOffice ist noch offen: Ein unabhängiger Sachverständiger sollte dafür zunächst die von diesem Schritt abhängigen hohen Folgekosten für die erforderliche Umstellung tausender Makros, Formulare und Vorlagen analysieren. Beobachter rechneten insgesamt mit einem Gesamtbudget im dreistelligen Millionenbereich für eine Komplettumstellung.»
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«Der damalige Konzernvize Steve Ballmer habe 2003 eigens seinen Ski-Urlaub in der Schweiz unterbrochen und bei einer Unterredung ‹witzigerweise› ständig neue finanzielle Angebote und Zugaben etwa für das Schulreferat unterbreitet. ‹Laufend wurden die um eine Million und noch eine Million und noch eine Million und später ein Dutzend Millionen günstiger als zuvor› (…) ‹Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, es geht uns um die Unabhängigkeit. Wir wollen nicht abhängig sein.› [Firmengründer Bill Gates] habe dies als Unsinn abgetan, obwohl der Anstoß für den Wechsel hin zu freier Software Preiserhöhungen und ein Support-Aus bei Microsoft gewesen seien. Der damalige Konzernchef habe gesagt: ‹Es ist für mich unbegreiflich, das ist Ideologie.›»
«Die ‹erste Bewegung› für die Rückmigration kam laut [dem früheren SPD-Oberbürgermeister Christian Ude] ‹unbegreiflicherweise von der OB-Kandidatin der Grünen›. Sabine Nallinger habe ‹von einem Tag auf den anderen zum Entsetzen ihrer eigenen Stadtratsfraktion verkündet, dass LiMux weg muss und dass es das Gebot der Stunde sei, zu Microsoft zurückzukehren›. (…) Ebenfalls als ‹verblüffend› empfindet Ude bis heute das das parallele ‹Umfallen der SPD›, das sich innerhalb eines Jahres vollzogen habe. (…)»
«DUN DUN DUN... Brian Tyler and his orchestra perform the F1 theme - LIVE - at the Heineken F1 Hollywood Festival! (Who else wants to be the drummer?!)»
«Alle Jahre wieder sehe ich mich der gleichen Debatte ausgesetzt. (…) ‹Wie hältst du es mit dem Unrechtsstaat?› Obwohl ich ebenso konsequent seit 20 Jahren ehrlich und klar darauf antworte, wiederholt sich diese Frage fast rituell immer wieder.»
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Nicht-Aufarbeitung des Nationalsozialsmus in der DDR
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«Einer der darin aktiv Verstrickten war der deutsch-ägyptische Kinderarzt Prof. Jussuf Ibrahim. Nach ihm waren Straßen und Kindergärten benannt und er war ein großer bedeutender Kinderarzt in der DDR. Erst im Jahr 2000 drang in die Öffentlichkeit vor, wie tief er in das mörderische Regime der NS-Zeit verstrickt war.»
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«Verwundert war ich allerdings, als ich […] feststellen musste, dass die Namen und die Verantwortlichen des Entjudungsinstituts, die Verwicklungen und die Verstrickungen alle dem Ministerium für Staatssicherheit bekannt waren und der Teil, der nicht in den Westen geflüchtet war, unbescholten in der DDR weiter leben konnte. Sie mussten sich offensichtlich zu keiner Zeit ihrer Verantwortung stellen, weder in der Kirche, noch vor DDR-Gerichten.»
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«Besonders spannend fand ich, als jemand der jetzt 30 Jahre in Erfurt leben, dass mir niemals die Dinge begegnet sind, die 1975 in unserer schönen Stadt Erfurt passiert sind. […] Es ist klar zu erkennen, dass es ausländerfeindliche pogromartige Ausschreitungen waren, die sich vom 10. bis zum 13. August direkt gegen algerische Vertragsarbeiter ereigneten. Erst wurden diese Vertragsarbeiter geholt, um sie in die Betriebe zu integrieren, denn Arbeit war genug da, aber zu viele Menschen waren gegangen. Diese Algerier wurden dann durch die Erfurter Innenstadt gejagt und mit Eisenstangen und Holzlatten attackiert. Selbst im Angesicht der Ereignisse von Rostock-Lichtenhagen viele Jahre später, haben Erfurter Freunde von mir diese Ereignisse nicht erwähnt. Nicht, weil sie darüber schweigen wollten, sondern weil es überhaupt nicht bekannt war. Gerüchteweise oder da wo Augenzeugen da waren, ja, die hätten es erzählen können. Aber der Sicherheitsapparat der DDR und die Staatsdoktrin taten ihr Übriges, denn es konnte nicht geschehen sein, was nicht sein darf.»
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Nicht-Aufarbeitung des Nationalsozialsmus in der Bundesrepublik
«Seit rund 20 Jahren beantworte ich die Frage nach dem Unrechtsstaat DDR immer dahingehend, dass ich betone, dass ich das begangene Unrecht und das erlittene Unrecht in der DDR nie bestritten habe und nie bestreiten würde. Trotzdem verweise ich immer wieder auf den Juristen, der in Deutschland überhaupt erst diesen Unrechtsstaat als juristischen Begriff in die Judikative eingeführt hat. Schon seit 1853 geistert der Begriff hinlänglich durch die politische Debatte. Aber zur juristischen Formel wurde er erst 1963 in Frankfurt/Main. Der Generalstaatsanwalt von Hessen, Fritz Bauer, der als überlebender Jude und Volljurist in Westdeutschland aktiv am Wiederaufbau mitgewirkt hat, dieser Fritz Bauer musste beobachten und erleben, wie um ihn herum das juristische Personal als Richter und Staatsanwälte alltäglich Recht gesprochen haben, obwohl sie tief in der Schuld des NS-Regimes verstrickt waren.»
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«Fritz Bauers Name ist eben auch verbunden mit dem Eichmann-Prozess in Israel. Offensichtlich hat Fritz Bauer den deutschen Gerichten nicht getraut und wie er es dann auch in Interviews erzählt hat zu Recht. Als dann Fritz Bauer Namenslisten von Auschwitz-Aufsehern zugespielt wurden, gab es die nächste Runde, um sich der juristischen Aufarbeitung und damit der konkreten Verantwortung zu entledigen. Lediglich der hessische Ministerpräsident Georg-August Zinn (SPD) stärkte Fritz Bauer den Rücken, aber er traf auf den Widerstand von Konrad Adenauer und seinem Chef des Bundeskanzleramtes, Hans Globke. […] Hans Globke war immerhin Mitautor der NS-Rassegesetze und all dem, was mit den schrecklichen Nürnberger Gesetzen an Voraussetzungen geschaffen wurde, um später jüdische Menschen ins Gas zu deportieren.»
«Da sich aktuell aber auch die FDP an mir abarbeitet und das Thema Unrechtsstaat für sich entdeckt, sollte ich noch erwähnen, dass der Bundesjustizminister von 1962 bis 1965 Ewald Bucher hieß und von der FDP gestellt wurde. Man kann sich fragen, was die Freien Demokraten 1962/63 getan haben, um Fritz Bauer zu unterstützen, oder ob sie es wie Adenauer gehalten haben, es lieber mit dem Mantel des Schweigens zu überdecken. Wie auch im Übrigen erwähnt sei, dass am 11. August 1990 die DDR-Blockpartei LDPD in die FDP aufgegangen ist und damit die heutige FDP ebenso rechtsidentisch für eine Blockpartei einstehen müsste.»
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Fortgeltung des DDR-(Un)recht in der Bundesrepublik
«Die Eltern von zwangsadoptierten Kindern in der DDR erhalten bis heute die Adoptionsakten ihrer Kinder nicht ausgehändigt. Bis heute wissen sie nicht, wo ihre Kinder sind und die Kinder wissen nicht, dass die leiblichen Eltern leben.»
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«Bei den Aktionen ‹Kornblume› und ‹Ungeziefer› wurden willkürlich Menschen im Grenzgebiet der DDR-Staatsgrenze aus ihren Häusern vertrieben. […] Allein die beiden Decknamen machen deutlich, wie zynisch dieser Vorgang zu bewerten ist, denn diesen Menschen das Wort Ungeziefer zuzuordnen, entspricht original dem NS-Sprachgebrauch. Diese Menschen wurden ins Landesinnere gebracht und an den Orten, wo man die LKW’s wieder ablud, hatte man Wochen vorher schon den Nachbarn erzählt, dass es sich um lichtscheues Gesindel handelt, die mit dem Gesetz über Kreuz liegen würden. […] Die Menschen, die im Grundbuch eingetragen waren, bekamen nach den Entschädigungsregeln der DDR eine Summe zuerkannt, die nach den Regeln der DDR natürlich in keinerlei Relation zum eigentlichen Wert stand und nach 1990, als die Menschen versuchten ihr Eigentum wieder zurück zu bekommen, erlebten sie auf einmal, dass die DDR-Rechtsetzung als Grundlage für die Neuberechnung von möglichen Entschädigungen zugrunde gelegt wurde. In einer weiteren Fallkonstellation wurden damit sogar höhere dreistellige Millionenbeträge neu zugeordnet. Die sogenannten Mauergrundstücke in Berlin waren natürlich zwischenzeitlich Millionenvermögen und darum entwickelte sich ein riesiges Gezerre. Offenkundig wollten genügend Interessenvertreter an diesen Mauergrundstücken partizipieren. Bei den Zwangsausgesiedelten war es aber so, dass sie meistens ihr eigenes Eigentum nicht zurück bekamen oder die Häuser im Zuge der Grenzsicherung längst abgerissen waren.»
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«Für mich ist es deshalb umso verwunderlicher, wie schnell ich aus konservativ oder liberaler Ecke angegriffen werde, wenn ich das Thema juristische Formel Unrechtsstaat thematisiere und die gleichen, die mich angreifen, ohrenbetäubend schweigen, wenn es um das begangene Recht der Eltern der Zwangsadoptierten und der Zwangsausgesiedelten geht. Hier hätte ich mir fünf Jahre lang ebenso lautstarke Mitstreiter gewünscht, damit den Menschen, um deren Schicksal es geht, die tatsächlich Unrecht in der DDR erlitten haben, nicht mit dem heutigen westdeutschen Recht gehindert werden, ihr Unrecht aufgearbeitet zu bekommen.»
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«Es gibt sogar rechtliche Übergangsprobleme, die mit dem Einigungsvertrag zementiert worden sind und auf ganz unspektakuläre Art und Weise im DDR-Rechtssystem entstanden sind. Die Frauen, die Ende der Achtziger Jahre ihre Scheidung eingereicht haben und vor 1990 auf gültigem DDR-Recht ein Scheidungsurteil bekamen, erlebten nach dem Beitritt in die Bundesrepublik, dass der Rentenausgleich auf Basis des DDR-Rechtes zu vollziehen ist, obwohl der Rentenfall wesentlich in der Bundesrepublik Deutschland eintritt. Ebenso gab es Ehefrauen, die hart und intensiv in den eigenen Familienbetrieben gearbeitet haben. Die sogenannten mithelfenden Ehefrauen waren in DDR-Recht rentenberechtigt für die erarbeiteten Ansprüche des Familienbetriebes. So eine Konstruktion gab und gibt es in Westdeutschland nicht. Auch diese Frauen mussten erleben, dass sie am Beitrittstag noch einen gültigen DDR-Rechtsanspruch hatten, der am Tag des Beitritts im westdeutschen Recht untergegangen ist. Man kannte solche Fallkonstellationen nicht. Deswegen gab es auch keine Regelungen dafür. 30 Jahre später erleben sowohl die mithelfenden Ehefrauen, als auch die DDR-Geschiedenen, dass sie entnervt und ohnmächtig zuschauen müssen, wie ihre Ansprüche immer wieder als berechtigt angesehen werden, aber leider leider nach westdeutschem Recht keine Gerechtigkeit hergestellt werden könnte. An dieser Stelle müsste es eine politische Entscheidung geben, denn Rechtsüberleitungen sind eben nicht ohne Tücken.»
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«Unrechtsstaat»
«Anzuerkennen, was Menschen empfinden, und die Empfindung des Unrechtsstaates ist für jeden, der Unrecht erlebt hat, eine sehr lebendige Empfindung. Die Form allerdings, wie das empfundene Unrecht instrumentell benutzt wird, ist das was ich kritisiere und warum ich mich verweigere, den juristischen Begriff zu übernehmen, da sich die Bundesrepublik Deutschland weigert, heute, 30 Jahre nach der Grenzöffnung, bestehendes Unrecht aufzuheben. An diesem konkreten, immer noch fortwirkenden Unrecht muss man aber auch den Unrechtsstaatsbegriff messen. Die Eltern der Zwangsadoptierten, die Familien der Zwangsausgesiedelten, aber auch die geschiedenen und die mithelfenden Ehefrauen würden sich wünschen, wenn der Chor derer, die so laut von mir abverlangen, dass ich endlich das Bekenntnis ablegen soll und das Wort Unrechtsstaat als universellen Begriff für die DDR anwenden soll, wenn dieser Chor genauso laut dafür kämpfen und streiten würde, dass das konkrete Unrecht aufgehoben wird.»
«Und was den Umgang mit dem Unrecht der DDR anbetrifft, so geht es auch hier darum, dass wir uns konkret mit den Opfern und ihren Schicksalen befassen und für Aufklärung sorgen. So habe ich mich persönlich um die Aufklärung des Schicksals vom Matthias Domaschk bemüht, der 1981 in Stasihaft in Gera ums Leben gekommen war. Die genauen Umstände seines Todes konnten auch wir nicht aufklären aber niemand wird ernsthaft bestreiten, dass er ein Opfer von Unrecht und Diktatur wurde, dem unser Gedenken gelten muss. Und auch auf anderen Bereichen war und ist die Landesregierung tätig, etwa zum Thema ‹Umgang mit Christinnen und Christen in der DDR›. All das geht über bloße Bekenntnisse weit hinaus und wird auch von den Verbänden und Betroffenen durchaus anerkannt.»
«Erschreckend ist, dass der Soziologe andeutet, die ostdeutsche Gesellschaft sei quasi von Natur aus rassistisch (‹grundsätzlich fremdenfeindliche Einstellung›). Worin unterscheidet sich solch eine Bewertung eigentlich noch von den Behauptungen des Björn Höcke, der eine Klassifizierung von Menschen nach Ausbreitungs- und Platzhaltertypen vornimmt? Ist der Soziologe […] etwa selbst ein Rassist? Natürlich nicht. Er arbeitet nur sehr oberflächlich, um nicht zu sagen, interessengeleitet. So vertritt Yendell eine gängige Sprachregelung, wonach es den Menschen im Osten wirtschaftlich gut ginge. Das zeigten seine Untersuchungen. Unterschlagen wird aber, dass gerade in den ostdeutschen Bundesländern jeder Dritte für einen Niedriglohn arbeiten muss und die Löhne im Schnitt 33 Prozent unter denen des Westens liegen, wie Sahra Wagenknecht […] noch einmal unterstrich. Die Ergebnisse der Landtagswahl in Thüringen widersprechen zudem der Einschätzung des Soziologen. Demnach gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen dem Bildungsabschluss und der Wahlentscheidung. Wenn man nun den naheliegenden Schluss zöge, dass der formale Bildungsabschluss auch etwas mit der sozioökonomischen Situation des Einzelnen zu tun hat, ist die Aussage, dass es AfD-Wählern gut gehe, schlicht falsch.»
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«Er verdeckt ein weiteres Mal die inhaltliche Nähe der sogenannten Alternative für Deutschland zu den anderen Parteien, die sich immer noch gern in der Mitte der Gesellschaft verorten, obwohl sie in Wirklichkeit schon längst mehrere große Schritte nach rechts unternommen haben. Was die AfD und die von ihr geschmähten ‹Altparteien› verbindet, ist die neoliberale Grundausrichtung, die durch die weitgehende Ablehnung und Schleifung des Sozialstaats gekennzeichnet ist. Diese frappierende Ähnlichkeit in der politischen Ausrichtung zu benennen, ist aber ein mediales Tabu.»
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«Die Partei arbeitet gerade im Osten mit Konzepten, die teilweise von den Linken übernommen worden sind und stößt damit recht erfolgreich in ein politisches Vakuum vor, das die progressiven politischen Kräfte auf der linken Seite hinterlassen haben, weil sie eben die AfD nicht inhaltlich stellen, sondern nur mit plumpen Faschismusvorwürfen überziehen wollen. So kann die AfD gerade auch in den Bevölkerungsschichten große Erfolge feiern, die auf einen funktionierenden Sozialstaat dringend angewiesen sind. Der Bedarf an einer anderen Sozialpolitik ist also erkennbar hoch, wird aber durch die etablierten Parteien gar nicht maßgeblich thematisiert, weil ihnen der Ausschluss der AfD aus dem Kreis der Demokraten und, noch schärfer, die Stigmatisierung der AfD als faschistische oder rechtsradikale Partei viel wichtiger ist.»
«Für die Anhänger der neoliberalen Agenda ist dieser Prozess geradezu ein Geschenk, weil sie die berechtigte Forderung nach einer Änderung der Sozialpolitik in Zukunft als AfD-nah brandmarken können. So gesehen ist es nur folgerichtig, wenn eine durch den Westen dominierte Öffentlichkeit das Wort Faschismus als Vorwurf möglichst häufig bemüht, um auch weiterhin eine dringend notwendige Kehrtwende in der Sozialpolitik unterdrücken zu können.»
«Im Grunde sind es die immer gleichen Zyklen, in denen der Halbkontinent gefangen ist. In den Nullerjahren versuchten linke Regierungen, die Einnahmen aus dem Rohstoffboom gerechter zu verteilen als ihre liberalen Vorgänger, für einen Ausgleich zu sorgen und mehr Menschen in die Mittelschicht zu hieven.»
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«Manche Regierungen versuchten es nun wieder mit den Mitteln der Neunzigerjahre. […] Subventionsabbau, Privatisierungen, Austerität. Das trifft dann etwa ecuadorianische Bauern, Kleinhändler oder Busunternehmer, die ihre Existenz auf subventioniertem Diesel aufgebaut haben.»
«Chile ist ein Sonderfall, dort herrscht seit den Pinochet-Jahren das Recht des Stärkeren, der Staat ist in der Daseinsvorsorge so gut wie absent. Produktivität, gute Rohstoffpreise und Arbeitsamkeit haben dem Land eine lange Stabilitätsphase eingebracht. Doch parallel stieg die Wut über die Schattenseiten: Explodierende Preise für Gesundheitsversorgung, Miete, Strom, Bus und Bildung haben viele Menschen in Existenznöte gestürzt.»
(…)
«Neben gerechterer Verteilung steht aber noch etwas anderes auf der Liste vieler Demonstranten: die Forderung nach funktionierender Demokratie, transparenten Wahlen, sauberen Machtwechseln.»
«Jene Spielart des Christentums, wie sie von der Oberösterreichern wenigsten pro-forma noch gepflegt wird, ist an sich gut erforscht. Wir haben es mit der katholischen Variante zu tun und zwar in einer sehr stark von der sogenannten ‹Gegenreformation› geprägten Abart. Es ist, wie auch in den anderen uns bekannte Ausprägungen, eine aus vielen disparaten Elementen zusammengesetzten, also synketistische, […] nicht leicht zu verstehende Religion. In gewisser Weise dem Judentum udn dem Islam verwandt. Von diesen beiden aber unterschieden durch den Mythos eines getöteten und wieder auferstanden jungen Gottes — auch das keine originäre Prägung, sondern aus vorderasiatischen Mythen abgeleitet, den des Dionysos, des Apis, des babylonischen Talmuds, des Marsias und so fort. Verschmolzen mit dem Nordischen des Odin oder Wotan, der wie jene der Devolutions-Götter an einem Baume hängend starb, um dann, verwandelt, wieder auferstehen zu können.»
«Am Erstaunlichsten freilich ist die Behauptung, auf die ich immer wieder gestoßen bin, man hänge einer monotheistischen Religion an. Tatsächlich aber hat sich aus […] möglicherweise monotheistischen Anfängen ein etwas bizarrer Vielgötterglaube entwickelt. Die vier großen Gottheiten sind ein namenloser und nur selten bildlich dargestellter Vatergott, eine Mutter-Gottheit, jener schon erwähnte junge Gott, oft auch als in seiner Funktion nicht ganz klarer Gottessohn bezeichnet — Halb Mensch, halb Gott — und dann noch — als Nummer Vier aber offenbar als sehr einflussreich eingeschätzt — ein böser Gott, der alles Übel in die Welt gebracht haben soll. Als Nummer fünf wäre noch zu erwähnen eine zwar theoretisch dem Namenlosen und dem jungen Gott gleichgestellte, aber vom Volk kaum verehrte Gottheit in Tiergestalt: Nämlich als weiße Taube dargestellt.»
«Der junge, gehängte und wiederauferstandene Gott scheint im Laufe der Jahrhunderte Bedeutung und Funktion stark verändert zu haben. Von einer mit totemistischen Ritualen verehrten Vegetationsgottheit wurde er nach und nach mit wenig überzeugenden theologischen Argumenten in eine Herrscher-Gottheit umgedeutet. Und die Verwalter des Kultes dieses Gottes machten sich damit selbst zu Herrschern. Heute noch erzählen alte Oberösterreicher, dass früher ohne die Zustimmung der ‹Geistlichen Herren› — so nannten sich die Kult-Beamten — nichts geschehen durfte. Von der Macht dieser Geistlichen Herren zeugen heute noch die gewaltigen Kulthäuser — leicht erkennbar an den angebauten Türmen […] Daneben gibt es aber Phänomene, etwa animistische Denkweisen […]»
«[Die im Frühjahr 1990 gegründete Treuhandanstalt] sollte ab März 1990 zunächst im Auftrag des ‹Zentralen Runden Tisches› das ‹Volksvermögen› bewahren. Ab Juli 1990 sollte die Treuhand schließlich nach Beschluss der Volkskammer Tausende Betriebe der DDR unter der Führung erfahrener westdeutscher Industriemanager, Unternehmer und Beamter schnellstmöglich ‹entstaatlichen›, also vor allem privatisieren, sanieren oder aber abwickeln.»
(…)
«Ursprünglich, im Sommer 1990, standen rund 8.500 Betriebe in 370 Kombinaten mit über vier Millionen Beschäftigten in den Büchern der Treuhandstelle. (…) Gut drei Viertel der Betriebe ging dabei an westdeutsche Investoren, meist größere Unternehmen. (…) Von den am Ende durch Aufspaltungen entstandenen knapp 12.500 Betriebseinheiten wurden letztlich 53 Prozent privatisiert (…) Die restlichen 30 Prozent wurden schließlich stillgelegt beziehungsweise ‹abgewickelt›. (…) Die Betriebe [hatten] ihr Personal im Laufe der Jahre durch beträchtliche Massenentlassungen erheblich reduziert. Von den ursprünglich vier Millionen Arbeitsplätzen blieben nach der Arbeit der Treuhandanstalt knapp eine Million erhalten. (…) In den frühen Neunzigerjahren fand durch die Hände der Treuhandanstalt eine energische Umwandlung von (DDR-)Volkseigentum in zumeist westdeutsches Privateigentum von immensem Ausmaß statt (…) Während manche Branchen wie Dienstleistungen, Energie, Finanzen, Versicherungen und Verlage als besonders attraktive ‹Perlen› sehr schnell einen westdeutschen Abnehmer fanden, ließen sich für die die DDR-Planwirtschaft dominierenden, klassischen Großindustrien wie beispielsweise Werkzeug- und Maschinenbau, Metallurgie, Chemie, Textil und Werften nur schwer finanzkräftige Investoren aufspüren.»
(…)
«Während gerade ehemalige westdeutsche Politiker und Treuhandexperten mit Nachdruck hervorheben, wie abgrundtief marode die im Jahr 1990 vorgefundenen Betriebe der DDR-Planwirtschaft mit ihren veralteten Produkten, verschlissenen Maschinen oder heruntergekommenen Fabrikhallen gewesen seien, betonen gerade ostdeutsche Betroffene hartnäckig deren prinzipielle Wettbewerbsfähigkeit – oftmals unter Verweis auf vor 1989 erfolgreich getätigte Exporte nach Westdeutschland. Nach dieser kritischen Lesart sei die potentielle ostdeutsche Konkurrenz gerade durch die Treuhandanstalt ab 1990 an westdeutsche Konzerne ‹verscherbelt› oder aber im Ansatz bereits ‹plattgemacht› worden. Die ostdeutsche Bevölkerung sei so um ihr hart erarbeitetes Vermögen letztendlich betrogen worden.»
(…)
«Diese sich hier nun im Laufe des Geschäftsalltags zusammenballende Datenfülle wurde jedoch nicht nur für die jeweiligen betrieblichen Bewertungs- und Privatisierungsvorgänge als Entscheidungsgrundlage genutzt. Intern rief die Treuhandspitze um Birgit Breuel gerade 1991/92 einen regelrechten Privatisierungswettbewerb zwischen einzelnen Direktoraten und Niederlassungen aus, veröffentlichte zum Vergleich die Kennzahlen der erfolgreichsten Privatisierungsdirektorate oder knüpfte individuelle Bonuszahlungen für Führungskräfte an die Erreichung bestimmter Zielvorgaben. (…) In dieser erinnerungskulturellen Rückschau hat gerade die Treuhand die ostdeutsche Bevölkerung im Interesse westdeutscher Konzerninteressen enteignet.»