«Jene Spielart des Christentums, wie sie von der Oberösterreichern wenigsten pro-forma noch gepflegt wird, ist an sich gut erforscht. Wir haben es mit der katholischen Variante zu tun und zwar in einer sehr stark von der sogenannten ‹Gegenreformation› geprägten Abart. Es ist, wie auch in den anderen uns bekannte Ausprägungen, eine aus vielen disparaten Elementen zusammengesetzten, also synketistische, […] nicht leicht zu verstehende Religion. In gewisser Weise dem Judentum udn dem Islam verwandt. Von diesen beiden aber unterschieden durch den Mythos eines getöteten und wieder auferstanden jungen Gottes — auch das keine originäre Prägung, sondern aus vorderasiatischen Mythen abgeleitet, den des Dionysos, des Apis, des babylonischen Talmuds, des Marsias und so fort. Verschmolzen mit dem Nordischen des Odin oder Wotan, der wie jene der Devolutions-Götter an einem Baume hängend starb, um dann, verwandelt, wieder auferstehen zu können.»
«Am Erstaunlichsten freilich ist die Behauptung, auf die ich immer wieder gestoßen bin, man hänge einer monotheistischen Religion an. Tatsächlich aber hat sich aus […] möglicherweise monotheistischen Anfängen ein etwas bizarrer Vielgötterglaube entwickelt. Die vier großen Gottheiten sind ein namenloser und nur selten bildlich dargestellter Vatergott, eine Mutter-Gottheit, jener schon erwähnte junge Gott, oft auch als in seiner Funktion nicht ganz klarer Gottessohn bezeichnet — Halb Mensch, halb Gott — und dann noch — als Nummer Vier aber offenbar als sehr einflussreich eingeschätzt — ein böser Gott, der alles Übel in die Welt gebracht haben soll. Als Nummer fünf wäre noch zu erwähnen eine zwar theoretisch dem Namenlosen und dem jungen Gott gleichgestellte, aber vom Volk kaum verehrte Gottheit in Tiergestalt: Nämlich als weiße Taube dargestellt.»
«Der junge, gehängte und wiederauferstandene Gott scheint im Laufe der Jahrhunderte Bedeutung und Funktion stark verändert zu haben. Von einer mit totemistischen Ritualen verehrten Vegetationsgottheit wurde er nach und nach mit wenig überzeugenden theologischen Argumenten in eine Herrscher-Gottheit umgedeutet. Und die Verwalter des Kultes dieses Gottes machten sich damit selbst zu Herrschern. Heute noch erzählen alte Oberösterreicher, dass früher ohne die Zustimmung der ‹Geistlichen Herren› — so nannten sich die Kult-Beamten — nichts geschehen durfte. Von der Macht dieser Geistlichen Herren zeugen heute noch die gewaltigen Kulthäuser — leicht erkennbar an den angebauten Türmen […] Daneben gibt es aber Phänomene, etwa animistische Denkweisen […]»