Alexander Stannigel www.alexander-stannigel.eu
Alexander Stannigel www.alexander-stannigel.eu Erinnerung an Champ Car

Zur Erinnerung an Champ Car

Den folgenden Text schrieb ich als Artikel für ChampCarWorld.net. Wir Autoren wollten zum Abschied von Champ Car jeder noch einmal auf unsere persönlichen Champ Car-Erfahrungen und Geschichten zurückschauen. Die Photos, auch auf den anderen Champ Car-Seiten, stellte mir Peter Burke ( SpeedCenter Gallery) zur Verfügung.

Inhalt

The Last Checkered

Mit dem 34. Toyota Grand Prix of Long Beach fand am 20. April 2008 das letzte Champ Car-Rennen überhaupt statt und Will Power konnte sich als letzter Fahrer in die von vielen großen Namen gefüllten Siegerlisten eintragen. Auch ich möchte noch einmal auf meine Champ Car-Geschichte zurückblicken, die vielleicht auch Ihre ist. Als Highlight ragt dabei ganz klar der Besuch beim German 500 im Jahre 2003 hervor, der ein unvergessliches Erlebnis bleiben wird.

Pitstop für Scott Pruett, im Vordergrund rauscht Richie Hearn durch das Bild  — Nazareth Speedway, 1997. © Peter Burke Pitstop für Scott Pruett, im Vordergrund rauscht Richie Hearn durch das Bild — Nazareth Speedway, 1997. Bild vergrößern

Ich dachte zunächst daran zu schreiben, was mich von der IndyCar Series trennt und warum Tony George den Karren wohl nicht aus dem Dreck ziehen wird, in den er ihn selbst gefahren hat. Aber nachdem das letzte Mal die Schwarz-Weiß-Karierte Flagge fiel – nicht nur für Will Power, sondern auch für Champ Car – wollte ich keine verbitterte Abrechnung schreiben. Das würde der Sache einfach nicht gerecht werden. Sondern ich wollte über das schreiben, was Champ Car auszeichnete. Erinnern an das was Champ Car zur großartigsten Motorsport-Serie der Welt machte. Das was Champ Car zu 'meiner' Serie machte.

The Way To Champ Car

Meine erste Begegnung mit Champ Car fand allerdings weder an der Rennstrecke noch im TV statt, sondern witzigerweise mit einer Champ Car-Simulation für PCs. Ein Freund gab mir 1998 oder 1999 'CART Precision Racing', da er damit nichts anfangen konnte, ich mich allerdings ein wenig für Rennsport interessierte - ich verfolgte hin und wieder Formel 1-Rennen. 'CART Precision Racing' bildete die 1997er Saison der PPG Indy Car World Series ab und brachte mich so das erste Mal mit Champ Car zusammen und ich fuhr viele, viele Rennen als Fahrer mit der #1, Jimmy Vasser.

Jimmy Vasser, die #1  — Exhibition Place Toronto, 1997. © Peter Burke Jimmy Vasser, die #1 — Exhibition Place Toronto, 1997. Bild vergrößern

Einige Zeit später entdeckte ich beim Zappen durch das laufende TV-Angebot auf einmal eben diese Autos und Fahrer – wenn auch mittlerweile in teilweise anderer Besetzung – auf Eurosport und blieb natürlich dabei. Es war der Long Beach Grand Prix 2000, ein aufregendes und spannendes Rennen, dass Paul Tracy in seinem grün-weißen Team KOOL Green Reynard-Honda von Startposition 17 aus gewann! Ab da verfolgte ich alle Rennen sowie es mir möglich war.

Ich werde nie vergessen, wie ich im November 2002 mitfiebernd am LiveTiming von Champ Car saß und das Radio mit Jeremy Shaw verfolgte, als Jimmy Vasser auf dem California Speedway in Fontana sein letztes Champ Car-Rennen gewann.

German 500

Als Champ Car 2001 nach Europa kam, war ich nur am TV dabei, aber 2002 wollte auch ich das German 500 live erleben. Doch nur kurz bevor wir die Karten bestellen wollten, kam die Nachricht von der Absage des Rennens. Allgemein war es um Champ Car's Zukunft nicht gut bestellt mit der bevorstehenden Abwanderung zweier Hersteller, der Pleite eines Konstrukteurs und des Wechsels vieler Teams in die IRL.

Al Unser Jr. und Paul Tracy machen im Training ihren Chef, 'Captain' Roger Penske, nervös — Gateway International Raceway, Madison/St. Louis, 1997. © Peter Burke Al Unser Jr. und Paul Tracy machen im Training ihren Chef, 'Captain' Roger Penske, nervös — Gateway International Raceway, Madison/St. Louis, 1997. Bild vergrößern

Umso größer war meine Freude, als Anfang 2003 die Rückkehr der Champ Car's auf den EuroSpeedway Lausitz verkündet wurde. Da musste ich dabei sein! Selbst mein am Motorsport eher begrenzt interessierter Papa wollte sich das nicht entgehen lassen. So erstanden wir für moderates Geld tolle Plätze in Turn 1. Von dort konnte man die ganze Start/Ziel-Gerade sowie die Boxengasse einblicken, als auch die lange Gerade gegenüber. Lediglich von Turn 2 bis Turn 3 musste man sich etwas anstrengen, um die schnellen Punkte Fahrzeugen zuzuordnen und auseinander zu halten.

Das Rennen selbst war eine Vorführung dessen, wie Racing auf einem Oval auszusehen hat: Side-by-side über viele Runden, aber ohne dass sich ein großer Pulk an Fahrzeuge bildet. Mario Dominguez dominierte das Rennen bis zum ersten Boxenstopp, hatte Bruno Junqueira und Sebastién Bourdais aber immer groß im Rückspiegel. Das Newman/Haas-Duo versuchte alles, kam aber nicht am Mexikaner vorbei, der die Innenlinie sauber verteidigte.

Zwei Adler, die von P.J. Jones und Juan Manuel Fangio II, liegen auf der Lauer — Road America, Elkhart Lake, 1997. © Peter Burke Zwei Adler, die von P.J. Jones und Juan Manuel Fangio II, liegen auf der Lauer — Road America, Elkhart Lake, 1997. Bild vergrößern

Beim ersten Boxenbesuch aller Fahrzeuge fiel Dominguez aber aus für uns unerklärlichen Gründen zurück. Wir einigten uns schließlich darauf, dass er den Motor abwürgte. Die Streckensprecher Stefan Heinrich & Manfred Jandke waren da keine Hilfe, da sie wie auch in den TV-Übertragungen auf Eurosport viel unterhaltsamen Unsinn erzählten, aber kaum auf das aktuelle Renngeschehen eingingen. Hinterher las ich, dass er eine Strafe wegen 'Blocking' erhielt.

Die zweite Rennhälfte bestimmte dann Bourdais, der wie schon Dominguez zuvor die Innenlinie nicht hergab und seinen Verfolgern Junqueira, Dominguez - der sich wieder herangekämpft hatte - und Michel Jourdain Jr. keine Gelegheit gab ihn zu überholen.

Zwei KOOLe Typen: Dario Franchitti verfolgt von Paul Tracy — Houston, 1997. © Peter Burke Zwei KOOLe Typen: Dario Franchitti verfolgt von Paul Tracy — Houston, 1997. Bild vergrößern

Faszinierend war auch der Besuch im Fahrerlager. Man konnte den Crews über die Schulter schauen wie sie die Fahrzeuge vorbereiteten, auf einmal drängelte sich Alex Zanardi unter dem Applaus der Menge durch die Meute und kurz darauf wurde ich beinahe von einem Dale Coyne-Lola 'überrollt', der gerade zur technischen Inspektion oder von da zurück geschoben wurde.

The Sound Of Champ Car

Neben dem einmaligen, unvergleichlichen Sound der V8-Turbos setzte Mark Knopfler mit «Speedway at Nazareth» (aus dem Album «Sailing to Philadelphia» ) Champ Car ein musikalisches Denkmal.

Im Archiv von Speedcenter.com kann jeder auch noch einige Champ Car-Sounds aus Laguna Seca '99 von Peter Burke finden und nocheinmal Champ Car erleben.

Never Forget

Was bleibt sind viele tolle Erinnerungen, natürlich auch die schwierigen Momente von Champ Car, sowie gute Freundschaften, die ich im Rahmen von ChampCarFansEurope (crapwagon.de) und ChampCar.nl - die Anfang 2007 zu ChampCarWorld.net zusammengingen - schließen konnte. Champ Car-Kalender 2006-2008, die man zusammen in Eigenregie kreierte. Spinnereien über den idealen Champ Car-Schedule und natürlich die selbsterstellten Liveries.

Das ChampCarWorld.net Racing Team testet auf dem Schleizer Dreieck — Schleiz, 2007. Das ChampCarWorld.net Racing Team testet auf dem Schleizer Dreieck — Schleiz, 2007. Bild vergrößern Mehr Bilder im Sim Racing-Bereich

Wobei ja auch die Liveries auf den richtigen Autos immer echte Hingucker waren: Die roten Target-Autos von Chip Ganassi, die grünen KOOL-Boliden von Barry Green, die blauen Player's-Renner von Gerry Forsythe, später die Indeck-Boliden von Forsythe, die Team Australia-Liveries von Derrick Walker und natürlich die einzigartigen Castrol-Adler von Dan Gurney sowie unzählige weitere.

Alex Tagliani zum ersten Mal auf dem Shoreline Drive — Long Beach, 2000. © Peter Burke Alex Tagliani zum ersten Mal auf dem Shoreline Drive — Long Beach, 2000. Bild vergrößern

Die Champ Cars selbst zeichneten auch immer die besondere Form aus. Nicht nur, dass sie hinter dem Überrollbügel keine Lufteinlässe und eine einzigartige Linienführung des Chassis hatten. Die Autos waren flacher und breiter, wirkten dadurch aggressiver, einfach schneller.

Und dann war da noch die Streckenvielfalt früherer Tage: Rundkurse wie Road America, Stadtkurse à la Long Beach, Flugplatzkurse wie Cleveland, Ovale à la Milwaukee und Superspeedways wie Brooklyn/Michigan.

«Es gibt keinen Weg, der nur in eine Richtung führt.»

Es ist traurig, dass es Champ Car nicht mehr gibt, doch darum nur in Erinnerungen zu schwelgen und Champ Car hintertrauern könnte Depressionen hervorrufen. Die Motorsportwelt ist groß, auch wenn etwas Vergleichbares so schnell offenbar nicht entstehen wird. Solange werden die Formel 1 und NASCAR meine Zeit verkürzen. Und wer weiß, was die Zukunft bringt. Aber vielleicht sollte ich bis dahin ab und zu 'CART Precision Racing' doch wieder ausgraben ...

Danke Champ Car für viele Jahre tollen Motorsport!

Jimmy Vasser nahe der 400 km/h — California Speedway, Fontana, 1998. © Peter Burke Jimmy Vasser nahe der 400 km/h — California Speedway, Fontana, 1998. Bild vergrößern
Siehe auch: