«In den deutschen Massenmedien wird Austeritätspolitik meist fälschlicherweise als Sparpolitik bezeichnet. Der Begriff ‹Sparen› ist nun einmal positiv besetzt und legt nahe, dass derjenige, der spart, später mehr Geld zur Verfügung hat. Wer auf der Ausgabenseite spart, macht weniger Verluste und reduziert somit sein Defizit – so zumindest die Theorie, die volkswirtschaftlich betrachtet, intellektuell auf einer Stufe mit Angela Merkels Leitbild der schwäbischen Hausfrau rangiert. Ein Staat ist nun einmal kein Privathaushalt und Ausgabenkürzungen schlagen immer auch auf andere Teilnehmer der Volkswirtschaft zurück. Austeritätspolitik ist jedoch mehr als ‹nur› die Kürzung von Ausgaben in den öffentlichen Haushalten. Zu einer echten Austeritätspolitik gehören auch neoliberale Reformen – der Staat zieht sich aus verschiedenen Bereichen zurück und überlasst diese Bereiche ‹dem Markt›. Zur Austeritätspolitik gehören beispielsweise auch die Deregulierung des Arbeitsmarkts und die Privatisierung ehemals öffentlicher Aufgabenfelder.»
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«Die jüngsten Entwicklungen in Spanien und Portugal sind ein weiterer empirischer Beweis dafür, dass die Theorie hinter der Austeritätspolitik nicht (mehr) haltbar ist. Sowohl Spanien als auch Portugal haben sich bis zur Selbstkasteiung dem deutschen Austeritätsdogma unterworfen und damit die Krise zusätzlich verschärft. […] In beiden Staaten schrumpfen die Steuereinahmen schneller, als die Ausgaben selbst ohne entgegenlaufende Konjunktureffekte gekürzt werden könnten. […] Die harte Austeritätspolitik in Südeuropa gleicht einem grausamen Feldexperiment, dessen Verantwortliche sich ihr Scheitern nicht eingestehen wollen. Wenn Theorie und Realität nicht zusammenfinden, ist nicht die Realität, sondern die Theorie falsch. Dies einzugestehen, wäre der erste Schritt, um die Krise aufzulösen. Doch davon sind wir anscheinend immer noch weit entfernt.»