Alexander Stannigelwww.alexander-stannigel.euBeiträge
Chronikbeitrag
Alexander Stannigel — schaut sich wieder Zahlen an.Freitag, 15. Mai 2020
Das sieht alles weiterhin sehr vielversprechend aus.
Acht Wochen nach dem Lockdown und einige Wochen nach den ersten zaghaften und mittlerweile auch weitergehenden Lockerungen geht die Zahl der aktiven Covid-19-Fälle nach den Zahlen des RKI weiter zurück und die Reproduktionszahl pendelt weiterhin unter eins — wenn Schlachtbetriebe außen vor gelassen werden …
Ab dem 30.04.2020 ist das RKI von einer 3-Tage-Basis auf eine 4-Tage-Basis gewechselt und gibt seit dem zwei Nachkommastellen an. Das RKI weißt in den Lageberichten auch wiederholt selbst darauf hin, dass die Reproduktionszahl bei den niedrigen Infektionszahlen nicht sonderlich aussagekräftig ist, wenn nur einzelne Tage betrachtet werden.
Wichtige Zeitpunkte
9. März:
Absage großer Veranstaltungen in verschiedenen Bundesländern (über 1.000 Teilnehmer)
20. April:
Erste Wiederöffnungen des Einzelhandels, Mund-Nasen-Schutzpflicht in Geschäften & ÖPNV
4. Mai:
Teilweise Wiederöffnungen von Kindergärten und Schulen, weitere Wiederöffnungen von Handwerk und großflächigem Einzelhandel
Schweden
Die Kontrollgruppe sollte nicht aus dem Blick verloren gehen. In Schweden, wo nur Bildungseinrichtungen geschlossen wurden, sind nach den Zahlen der Johns-Hopkins-Universität 3 500 Menschen verstorben – bei gerade einmal 10 Mio. Einwohnern und einer Bevölkerungsdichte von lediglich 23 Ew/km². Am Wochenende wird in Schweden weiterhin klar sichtbar weniger an Covid-19 gestorben als an Wochentagen – ohne dass da eine Ausgleichsbewegung am Montag oder Dienstag folgen würde.
Wenn für Deutschland die Zahlen tageweise unplausibel niedrig sind, gibt's spätestens nach ein paar Tagen eine Ausgleichsbewegung – sogar für die Wiederauferstandenen von Karsonnabend! Daher sind die 8 000 Verstorbenen realistisch. Und im Vergleich ziemlich niedrig bei 80 Mio. Einwohnern und einer Bevölkerungsdichte von hohen 230 Ew/km².
Um die Wochenend-Anomalie in Schweden rauszurechnen habe ich mal den Durchschnittswert der jeweils drei Tage vor und nach einem Wochenende auch als erwartete Zahl für die Wochenendtage — bzw. für das gesamte Osterwochenende — hergenommen und die Differenz zum offiziellen Wert dazugerechnet. Insgesamt summiert sich die Zahl dann auf fast 4 500. Allein auf die Einwohnerzahl hochgerechnet entspräche das 36 000 Verstorbenen in Deutschland — also Verhältnissen wie in Italien oder im Vereinigten Königreich. Bezöge man die Bevölkerungsdichte zwischen dem Faktor 0.25 bis 0.5 × 10 ein — über die Höhe habe ich keine wissenschaftliche Basis — würde das 90 000 bis 180 000 bedeuten.
Zum Vergleich: An der die Influenzawelle 2017/18 sind in Deutschland nach Schätzung des RKI 25 100 Menschen verstorben. Der Lockdown war also vielleicht zu lang. Der Lockdown war vielleicht zu umfasend. Grundsätzlich falsch war der Lockdown nicht.
«Seit gestern liegt die Schätzung der Reproduktionszahl R über 1. Bei der Interpretation mussberücksichtigt werden, dass diese Schätzungen mit der Unsicherheit verbunden ist, wie sie das jedenTag ausgewiesene Prädiktionsintervall ausdrückt. Aufgrund der statistischen Schwankungen, die durchdie insgesamt niedrigeren Zahlen verstärkt werden, kann somit weiterhin noch nicht bewertet werden,ob sich der während der letzten Wochen sinkende Trend der Neuinfektionen weiter fortsetzt oder eszu einem Wiederanstieg der Fallzahlen kommt. Der Anstieg des geschätzten R-Wertes macht eserforderlich, die Entwicklung in den nächsten Tagen sehr aufmerksam zu beobachten.»
«Die geschätzte Reproduktionszahl lag in den letzten Tagen leicht über 1. Dies zeigt, dass der Rückgangder Anzahl von Neuerkrankungen, den wir in den letzten Wochen beobachtet haben, sich abgeflachthat und möglicherweise ein Plateau erreicht. Von einem erneut ansteigenden Trend gehen wir bishernicht aus. Die Abschwächung des Rückgangs der Neuerkrankungen hängt auch mit lokalen Häufungenbeispielsweise im Umfeld von Schlachtbetrieben zusammen. Da die Fallzahlen in Deutschland zudeminsgesamt langsam kleiner werden, beeinflussen diese Ausbrüche den Wert der Reproduktionszahlstärker als bei höheren Fallzahlen. Der Verlauf der Anzahl von Neuerkrankungen in den nächstenTagen muss abgewartet werden um zu beurteilen, ob nur eine vorübergehende Verlangsamung desRückgangs vorliegt.»
«Der bisher berichtete R-Wert bildet zeitnah den Trend der Anzahl von Neuerkrankungen ab und kannauf mögliche Trendänderungen hinweisen. Dieser Wert reagiert jedoch empfindlich auf kurzfristigeÄnderungen der Fallzahlen – wie sie etwa durch einzelne Ausbruchsgeschehen verursacht werdenkönnen - was besonders bei insgesamt kleineren Anzahlen von Neuerkrankungen zu verhältnismäßiggroßen Schwankungen führen kann.»