«Die allermeisten Kitas sehen sich nun außerstande, zu Randzeiten noch zu öffnen. Normalerweise werden Kinder, die früh in die Tagesstätten kommen, weil ihre Eltern dann schon zur Arbeit müssen, gruppenübergreifend zusammen betreut. Am späten Nachmittag ist es ähnlich. Das […] ist nun nicht mehr erlaubt. (…)»
«In Zwickau etwa öffnen kommunale Einrichtungen nun erst 7 Uhr, 16 Uhr machen sie schon wieder zu. ‹Bereits diese Öffnungszeiten stellen die Erzieherinnen und Erzieher vor große Herausforderungen› (…) Anders als mit begrenzten Öffnungszeiten seien die Regelungen nicht umzusetzen.»
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«Die Eltern sind konsterniert. ‹Auch während der Notbetreuung konnte ich meine Kinder 6 Uhr abgeben› (…) Nach den den neuen Regeln dürfen Kinder erst 7 Uhr abgegeben werden – und auch nur von den Erziehungsbrechtigten. Wie sollen wir das schaffen und einen systemrelevanten Beruf ausüben, ohne in Schwierigkeiten zu kommen?› (…) [Eine Sprecherin des Kultusministeriums:] ‹An die Arbeitgeber ergeht die Bitte, auf diese besondere Betreuungssituation kulant zu reagieren.›»
«Behörden in dem stark vom Virus betroffenen italienischen Ort Vo [haben] rund 80 Prozent der 3300 Einwohner auf eine Infektion mit Sars-CoV-2 getestet, knapp 100 waren positiv – aber kein einziges Kind unter zehn Jahren. Auch Studien aus Island, Norwegen und Südkorea haben nur wenige Infektionen unter Kindern gefunden. Und in den Niederlanden machten Behörden in keinem einzigen Ansteckungsfall unter Zehntausenden einen Minderjährigen als Quelle aus. Laut einer statistischen Modellierung eines Teams […] von der London School of Hygiene & Tropical Medicine […] haben Menschen unter 20 Jahren lediglich ein halb so hohes Risiko, sich zu infizieren wie über 20-Jährige.»
«Die südwestdeutsche Eltern-Kind-Studie entlastet Kinder nun weiter. (…) Unter den 64 Menschen, die Antikörper gegen Sars-CoV-2 gebildet hatten, befanden sich 45 Erwachsene und nur 19 Kinder. Gerade die Kleinsten waren besonders wenig betroffen: Von den Ein- bis Fünfjährigen hatten nur 0,6 Prozent eine Infektion durchgemacht und von den Sechs- bis Zehnjährigen 0,9 Prozent, während es unter den Erwachsenen 1,8 Prozent waren. Außerdem waren nur bei 13 Eltern-Kind-Paaren beide infiziert – die Erkrankung eines Elternteils führte also nicht zwingend zur Erkrankung des Kindes und umgekehrt.»
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«‹Fast alle verfügbaren Studien leiden unter dem Einflussfaktor, dass sich die Kinder nur in den Haushalten infizieren können, weil sie nur zu Hause sind›, sagt der Corona-Experte Christian Drosten von der Charité in seinem aktuellen NDR-Podcast – allerdings nicht in Bezug auf die Heidelberger Studie. Diese ist das Problem angegangen, indem sie gezielt einen großen Teil an Kindern aus Notbetreuungen einbezog. Etwa 25 Prozent der Test-Kinder waren also in den vergangenen Wochen zumindest in Kontakt mit einigen Gleichaltrigen. Diese Kinder hatte keine höheren Ansteckungsraten als die zu Hause betreuten: ‹Wir können eindeutig sagen, dass es keine häufigeren Infektionen bei Kindern in Notbetreuung gab›, sagt Hans-Georg Kräusslich, Dekan der Medizinischen Fakultät in Heidelberg.»
«Auch einem weiteren Problem begegneten die Forscher: dass Antikörpertests gerade bei niedrigen Infektionszahlen in einer Region grundsätzlich sehr fehleranfällig sind. Aus diesem Grund nutzten die südwestdeutschen Kinderkliniken mindestens zwei verschiedene Tests pro Proband.»
«Im Zusammenhang mit einer am Montag bekanntgewordenen Coronainfektion einer Lehrerin am Regenbogengymnasium in Augustburg (Landkreis Mittelsachsen) sind bis Donnerstag von 75 getesteten Schülerinnen und Schülern 21 mit dem Virus infiziert.»
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«‹Seitens des Gesundheitsamtes sind derzeit zwölf Teams in die Kontaktermittlung eingebunden›, sagte Amtsärztin Annelie Jordan. Wichtig sei, dass der sogenannte Ursprung der Erkrankungswelle nachvollzogen werden konnte. (…) Im Zusammenhang mit den Coronafällen in Augustusburg habe das Gesundheitsamt bisher 91 [Quarantänebescheide] ausgestellt.»
«[Die Forscher haben in der Corona-Studie der Uniklinik Leipzig an] den bisher von ihnen getesteten Schulen in Leipzig, Dresden sowie Zwickau keinen einzigen akuten Corona-Fall gefunden. Und das, obwohl inzwischen mehr als 1500 Ergebnisse von Rachenabstrichen an zehn Schulen, davon vier Grundschulen und sechs Gymnasien, vorliegen.»
«Darüber hinaus hatten nur zehn der getesteten Schüler und Lehrer Antikörper entwickelt, was auf eine überstandene Infektion hindeutet. (…) Von der erhofften Herdenimmunität ist Sachsen also weit entfernt. Gleichwohl scheint es, wie Jurkutat folgert, ‹nach den Daten im Moment wenig Infektionsgeschehen an den Schulen zu geben›. Kinder seien keine ‹Virenschleudern›, bei Einhaltung entsprechender Hygienekonzepte könne man die Öffnung der Schulen also durchaus gutheißen.»
«So wurden in Baden-Württemberg vom 22. April bis 15. Mai rund 2500 Kinder im Alter von einem bis zehn Jahren und jeweils ein zugehöriges Elternteil auf Sars-Cov-2 getestet. Nur bei einem Kind und zugehörigen Elternteil fiel der Test positiv aus. Antikörper fanden sich bei 45 Elternteilen und 19 Kindern. Virologe Hans-Georg Kräusslich vom Uni-Klinikum Heidelberg schloss daraus, dass Kinder ‹anscheinend nicht nur seltener an Covid-19 erkranken, was schon länger bekannt ist, sondern auch seltener durch das Sars-Cov-2-Virus infiziert werden.›»
«Und das Uniklinikum Hamburg-Eppendorf zog am Freitag die vorläufige Bilanz einer Studie mit mehreren tausend Hamburger Kindern. Bei mehr als 3107 Abstrichen fand sich kein einziger mit positivem Ergebnis, berichtete Studienleiterin Ania Muntau. Von 2436 Antikörpertests der Kinder waren nur 36 positiv. Wobei zurückliegende Infektionen bei älteren Kindern häufiger festgestellt wurden.»
«Eigentlich hatten sich die Regierenden der Länder mit der Bundesregierung darauf geeinigt, dass bei Überschreiten der Marke von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern in sieben Tagen wieder verschärfte Anti-Corona-Maßnahmen eingeführt werden mit all ihren schädlichen Konsequenzen für die Menschen und die Wirtschaft. Diese Marke wird in Gütersloh wohl überschritten. Doch es werden nur Schulen und Kindergärten geschlossen, mit der Begründung, dass dies besser sei als ein ‹Lockdown› – und ein gutes Mittel gegen die Ausbreitung. Das ist Unsinn.»
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«[Die] großen Ausbrüche der vergangenen Wochen [gehen] nicht von Kindern aus, sondern von Erwachsenen. Kinder müssen nur dafür büßen. Ja, Schulen und Kindergärten sind gefährliche Stätten des Austauschs für Krankheitskeime aller Arte, weswegen man sie in einer Pandemie besonders überwachen muss. Doch auch nach einem halben Jahr mit dem Virus gibt es dazu noch immer kein flächendeckendes Konzept.»
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«[Die] allermeisten Schulen und Kindergärten laufen weiter im Minimalbetrieb oder werden gleich ganz geschlossen, sobald Erwachsene in der Nachbarschaft das Virus verbreiten. Die Friseure, Restaurants und Fitnessstudios dürfen weitermachen, und sogar die Schlachtbetriebe, obwohl sie erwiesenermaßen Corona-Hotspots sind. Die große Zahl von Fällen im Kreis Gütersloh zeigt, dass dieser Ausbruch sich über Wochen entwickelt hat, obwohl immer versprochen wird, dass alles getan werde, um Ausbrüche zu verhindern.»
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«Nicht weil es besonders viel bringen würde, Schulen und Kindergärten zu schließen, sondern weil es so einfach ist. Und die betroffenen Familien sind längst viel zu erschöpft, um sich noch zu wehren.»