Möllemanns Sonderkonto war offenbar am 20. September 2002, zwei Tage vor der Bundestagswahl, eröffnet worden. Zu diesem Zeitpunkt war das israel-kritische Flugblatt in Nordrhein-Westfalen bereits an fünf Millionen Haushalte verteilt worden. Obwohl Möllemann die Finanzierung des Flyers als "Privatsache" bezeichnet hatte, landete die sechststellige Rechnung bei der Landespartei in Düsseldorf.
Möllemann, der in der Woche zuvor mit schweren Kreislaufproblemen in ein Krankenhaus eingeliefert wurde und sich davon auf den Kanarischen Inseln auskuriert und dafür eine lange Flugreise trotz seiner Herzbeschwerden auf sich nahm, verkündete zunächst, sich nicht zu den Vorwürfen äußern zu wollen und dass eine Stellungnahme seinerseits vor Ende November nicht zu erwarten sei.
Doch nachdem der Druck auf den nordrhein-westfälischen Landes- und Fraktionsfurzenden im Landtag stetig zunahm, gab er trotzig nach: Mit immer wiederkehrenden Hinweisen auf seine langsam fortschreitende Gesundung, die durch einige hochrangige FDP-Mitglieder wieder gestört werden soll, erklärte er per Fax aus seinem kanarischen Exil, dass er von seinen politischen Ämtern zurücktreten werde. Allerdings nicht, weil Westerwelle & Co. Es so fordern, sondern weil es ihm seine Ärzte rieten.
Guido Westermölle, der bis kurz vor der Bundestagswahl jeden Spaß von Jürgen W. mitmachte, z.B. das "Projekt 18", dass erst scharf kritisiert und dann ins Wahlkampfprogramm aufgenommen wurde, genauso wie der eigene Kanzlerkandidat der FDP, ebenfalls ein Hirngespinst von Möllemann, dieser Westwelle erklärte, dass Möllemann damit nur der Absetzung durch die Parteigremien zuvor gekommen ist. Er erwarte, dass er auch sein Bundestagsmandat niederlege.
Der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff hat seinem Noch-Parteikollegen Möllemann indessen eine schallende Ohrfeige verpasst. "Wenn der Vergleich nicht so bizarr wäre, dann müsste man sagen, er hat sich benommen wie ein Selbstmordattentäter. Er hat sich mit allem, was es so an Möglichkeiten gibt, selbst politisch in die Luft gesprengt", sagte Lambsdorff im Deutschlandfunk. Lambsdorff hatte sich erst kürzlich im Magazin "Stern" drastisch über Möllemann geäußert: "Man fragt sich manchmal: Ist der Mann bei all seiner Begabung, bei all seinem politischem Geschick, ist der normal?" Der frühere FDP-Fraktionschef Hermann-Otto Solms hatte Möllemann bereits das Etikett "Quartalsirrer" aufgedrückt.
Unterdessen geht den Fahndung nach den Geldgebern des Jürgen Dabbeljuh Möllemann weiter. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das alles alleine gemacht hat", sagte FDP-Bundestagsfraktionschef Wolfgang Gerhardt dem "Kölner Stadtanzeiger". Angesichts der professionell und aufwendig angelegten Verschleierung der Spendenherkunft sei eine Einzelaktion Möllemanns auszuschließen. Zu Spekulationen, hochrangige Mitglieder der NRW-FDP könnten in die Affäre verstrickt sein, wollte sich Gerhardt nicht äußern. Er erwähnte ausdrücklich die Möglichkeit, Möllemann aus der Bundestagsfraktion
auszuschließen. Die Bundespartei setze aber darauf, dass Möllemann sein Bundestagsmandat bald niederlegen werde. Parteichef Guido Westerwelle hatte bereits am Montag angekündigt, dass die FDP Möllemann notfalls mit einer Klage zur Nennung der Spender für sein umstrittenes Flugblatt zwingen will.
Die designierte Vorsitzende der nordrhein-westfälischen FDP, Ulrike Flach, hat unterdessen einen Parteiausschluss ihres Vorgängers angedroht. Wenn sich alle Vorwürfe um sein Wahlkampf-Sonderkonto bestätigten und Möllemann weiterhin nicht kooperiere, werde die Partei diesen Weg selbstverständlich gehen, sagte Flach am Dienstag in Düsseldorf. Die Bundestagsabgeordnete kündigte einen Kurswechsel in der NRW-FDP an. Antisemitismus-Debatten werde es mit ihr nicht geben. Möllemann kündigte an, nicht auf das Ultimatum der FDP-Spitze einzugehen, die Spender auf sein umstrittenes Wahlkampfsonderkonto bis Donnerstag zu nennen. Durch eine Sprecherin verwies er erneut auf seine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit. Er habe zugesichert, dass die FDP keinen finanziellen Schaden durch ihn erleiden werde, heißt es in der am Dienstag in Düsseldorf verbreiteten Erklärung: "Es ist alles gesagt."
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Na denn: "Prost!"