«‹In Krisenzeiten suchen Intelligente nach Lösungen, Idioten suchen nach Schuldigen.› [Das Zitat] wird auch von Journalisten, Politikerinnen, Professoren gepostet und geteilt. Und dem Humoristen Loriot zugeschrieben. Der aber hat das nie gesagt. (...) Das Zitat [wurde] am 5. Mai erstmals auf einer Facebook-Seite Loriot zugeschrieben. (...) Es kommt aus dem spanischen Sprachraum. (...) In Italien wurde das Zitat recht schnell dem dort sehr bekannten Humoristen Totó zugeordnet. (...) Politisch starke Zitate landen bei Churchill oder Bismarck. Lustige sind eher für Mark Twain oder Bernard Shaw. Offensichtlich hat Loriot eine Autorität (...) Wobei die Kenner von ihm sagen: Das Wort ‹Idiot› hätte Loriot nie verwendet.»
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«‹Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, keine Menschen mehr.› Das hat 1944 irgendein konfuser Imker Einstein zugeschrieben. Und jedes Mal, wenn Bienen sterben, taucht seitdem in irgendwelchen Artikeln dieses Zitat auf. Die Leute bedenken nicht, dass Einstein kein Biologe war und kein Prophet, sondern Physiker.»
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«Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, lag im vergangenen Jahr daneben, als sie Albert Einstein zitierte: ‹Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.› Das hat der italienische Sozialdemokrat Matteo Renzi noch 2015 zum Zentrum einer Rede gemacht. 1988 tauchte es erstmals in einem Interview auf. Und wenn ein Zitat das erste Mal in einem Interview auftaucht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es nicht echt ist. Dann schaut man weiter (...) Es wird auch noch Papst Johannes XXIII. und einem Fürsten zugeschrieben. (...) Eigentlich [hat es] der französische Sozialist Jean Jaurès 1910 gesagt.»
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«Offenbar bedürfen schlaue Gedanken einer Adelung durch einen prominenten Namen. (...) Ein Sponti-Spruch der 70er-Jahre war: ‹Stell dir vor, es gibt Krieg, und keiner geht hin.› (...) Seit 20 Jahren wird das Bertolt Brecht untergeschoben, der das nie gesagt hat.»
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«‹Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wo sie arbeiten sollte.› (...) Jahrzehntelang hat man gesucht, wo das Platon geschrieben haben könnte. Dann hat ein amerikanischer Zitatforscher herausgefunden, dass das das erste Mal 1907 in einer englischen Dissertation auftaucht. Es stimmt nicht.»
«Laufend ergänzte Sammlung und Dokumentation von im deutschen Sprachraum verbreiteten Falschzitaten und Memes sowie Kuckuckszitaten, Zitaträtseln, apokryphen, problematischen, entstellten Zitaten und falsch zugeschriebenen Zitaten. nach den Regeln der Zitatforschung, mit Benützung der relevanten Nachschlagwerke und Literatur, und wo es möglich ist, mit Online-Belegen dieser Quellen.»