Nur bei einem Viertel der Infektionen konnte die letzten Wochen überhaupt das Umfeld bestimmt werden und davon ist nur ein Bruchteil «Freizeit», «Speisestätte» und «Übernachtung» zuzuordnen. Im Situationsbericht vom 27.10. des RKI tauchen. Konzerte, Theater, Sportveranstaltungen werden gar nicht erst aufgelistet. Der Rest sind Mutmaßungen. Das ist eine ziemlich dürftige Datenlage nachdem ein halbes Jahr Zeit war, die Gesundheitsämter auf ausgedehnte Kontaktverfolgungen vorzubereiten und aufzurüsten.
Wenn sich da die betroffenen Gewerbe-, Kultur- oder Sportverbände juristisch wehren, sollten sie recht gute Erfolgsaussichten haben. Die Beherbungsverbote sind ja auch gerade erst reihenweise von der Justiz wieder einkassiert worden. Zudem zeigen die Studienergebnisse zu den Konzertversuchen in Leipzig, dass mit den Hygienenkonzepten das Infektionsrisiko bereits minimiert ist.
Wobei auch der Datenvergleich zum Frühjahr schwierig ist. Aus der geplanten RKI-Studie zur Covid-19-Verbreitung im Frühling/Frühsommer scheint nichts geworden zu sein. Und beim Vergleich der gemessenen Infektionszahlen mit der Positivrate, den Intensivfall oder den Verstorbenenzahlen sowie der seit dem Frühling massiv ausgeweiteten Testungen ist anzunehmen, dass die tatsächlichen Infektionszahlen im Frühling ein vielfaches höher waren, als die Messungen gezeigt haben. Statt der 6.000 in der Spitze vielleicht eher so 30.000.
Es ist verständlich, dass man dem aktuellen Anstieg nicht einfach zusehen will. Aber dann einfach irgendwas zu tun, ohne das nachvollziehbar begründen zu können, ist nicht haltbar.
Andererseits ist abwarten und zu schauen, ob sich die Infektionszahlen nicht in ein paar Tagen auf hohem Niveau stabiliseren – ähnlich wie zunächst Ende August und Anfang September – möglicherweise auch keine gute Idee. Womit wir wieder beim Anfang sind: Warum ist trotz mehrerer Monate Vorlaufzeit die Datenlage so unklar und warum sind die Gesundheitsämter nicht ausgerüstet, um eine gescheite Kontaktnachverfolgung durchzuführen? Das ist ein massives Versäumnis seitens der Regierung und Verwaltung und die einzige «Begründung» für den #WellenbrecherLockdown, die mir einfällt.
Da hilft's auch nicht einfach nur auf jene zu zeigen, die seit Monaten jammern, dass sie beim Einkaufen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen, und jene, die erst gar keinen MNS tragen, weil sie Covid-19 für eine leichte Erkältung halten. Da hätte man auch eher handeln können.
Die Situation hätte nicht so verfahren sein müssen…