Die Bundesregierung hat wochenlang nicht reagiert, als die Pandemie hätte bereits erkannt werden können. In Ischgl/Österreich haben die Behörden tagelang nicht reagiert, als die ersten Covid-19-Fälle bestätigt wurden und von da wurde die Pandemie in ganz Europa verteilt und die massiven Lockdowns bzw. Shutdowns ausgelöst.
Jetzt, nur vier Monate später, haben wir den gleichen Fall bei Tönnies/Nordrhein-Westfalen, wo ebenso wochenlang nicht reagiert wurde.
«Am 31. Dezember versendet das internationale Frühwarnsystem ProMED eine E-Mail. (…) Für einen solchen Fall hatte die Bundesregierung eine Art Blaupause – ein Papier aus dem Jahr 2012. Titel: ‹Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz›. Darin steht, was im Falle einer Pandemie zu tun ist: Schulen schließen, Großveranstaltungen absagen. Doch bis die Politik solche Maßnahmen umsetzt, vergehen Wochen.»
«(…) Ende Januar treten die ersten Fälle in Deutschland auf – die meisten mit einem milden Krankheitsverlauf. (…) Die ersten Infektionen in Deutschland hätten zu einem Trugschluss geführt: Seht, wir können es eindämmen.»
«Am 29. Januar, es gibt bereits weltweit Verdachtsfälle, kommt der Gesundheitsausschuss im Deutschen Bundestag zusammen. Das Thema Coronavirus ist Tagesordnungspunkt 5b – am Ende der Sitzung. (…) Von der ‹Risikoanalyse zum Bevölkerungsschutz› aus dem Jahr 2012 ist in dieser Sitzung laut Protokoll keine Rede. (…) Knapp zwei Wochen später, am 12. Februar, sagt Jens Spahn im Gesundheitsausschuss, die Gefahr einer Pandemie sei ‹eine zurzeit irreale Vorstellung›.»
(…)
«[Am 26.] Februar klingt das in internen Runden dann anders. Früher als bisher bekannt, gibt es in der Bundesregierung Überlegungen zu einem Lockdown. (…) In vielen Ländern breitet sich das Virus inzwischen aus. Doch Deutschland feiert Karneval und Fasching. In Passau findet der Politische Aschermittwoch statt, mit Bier und Gedränge.»
(…)
«Am 2. März kommt der Gesundheitsausschuss zu einer Sondersitzung zusammen. Es wird auch über die Absage von Großveranstaltungen diskutiert. (…) Bis zu einer Empfehlung des Ministers, Großveranstaltungen abzusagen, vergeht fast eine Woche. Am 11. März ruft die WHO den Pandemiefall aus.»
(…)
«78 Tage sind vergangen von der ersten Meldung im Frühwarnsystem ProMED bis zu entschlossenen Maßnahmen: Großveranstaltungen abgesagt, Schulen zu, Geschäfte geschlossen. So wie es in der Blaupause von 2012 beschrieben steht.»
«Das Team des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel unter Leitung von Gabriel Felbermayr kam in seiner am 24. Mai veröffentlichen Studie zu dem Ergebnis: Statistisch könne man auf die Entfernung zu Ischgl zurückführen, dass 48 Prozent der Infektionsfälle in Deutschland von dem österreichischen Skiort ausgegangen seien. Keine andere ‹Superspread Location› habe einen derartigen Einfluss auf die Infektionsrate in Deutschland gehabt.»
(…)
«Die ‹eher langsame Reaktion auf die Corona-Infektionen in Ischgl› sei fatal gewesen. Am 5. März hatte Island als erstes europäisches Land den Skiort als Risikogebiet eingestuft. Trotzdem seien erst neun Tage später Quarantäne-Maßnahmen eingeleitet worden, der komplette Lockdown sei noch später erfolgt. (…) So würden die Daten vom 20. März zeigen, dass in Dänemark ein Drittel und in Schweden ein Sechstel aller Infektionsfälle auf zurückkehrende Skiurlauber aus Ischgl zurückzuführen gewesen sei.»
(…)
«Dass es nicht zu einer ungebremsten Ausbreitung der von zurückkehrenden Ischgl-Touristen betroffenen Regionen in Deutschland gekommen sei, habe einen nachgewiesenen Grund: Durch den Lockdown in Deutschland habe es die Mobilität nicht mehr gegeben.»
«Schon vor rund sechs Wochen seien er und seine Frau auf Corona getestet worden. Danach seien sie weiter zur Arbeit gegangen. Erst zwei Wochen später hätte ihnen jemand die Ergebnisse mitgeteilt: Popescus Frau war positiv. Warum die Auswertung so lange dauerte, kann er nicht verstehen. Auch nicht, dass es danach keine weiteren Tests gegeben habe, und auch keine Informationen. Am nächsten Tag seien er, seine Frau und die gesamte Schicht in Quarantäne geschickt worden. Seitdem habe sich niemand mehr bei ihm gemeldet. Auch andere Arbeiter sagen der SZ und der Beratungsstelle Faire Mobilität, dass es schon seit Längerem einzelne Corona-Fälle bei Tönnies gegeben habe.»
(…)
«Häufig habe sein Arbeitgeber, wie bei Marius Popescu ein zwischengeschaltetes Subunternehmen, den Lohn manipuliert. Als Amariei die Firmenunterkunft verließ, sei trotzdem weiter Miete abgezogen worden. Wenn sie den Arbeitsplatz putzten, habe das nicht als Arbeitszeit gegolten. Amariei berichtet außerdem von ‹Fehlern› in den Lohnabrechnungen, die immer zugunsten des Arbeitgebers ausfielen. Regelmäßig hätten Stunden gefehlt, obwohl die Arbeitszeit doch per Finger-Scan beim Einchecken erfasst werde.»
(…)
«Besonders empört seien die Betroffenen in Quarantäne jetzt über die Behauptung, sie seien am langen Wochenende verreist und hätten so bei ihrer Rückkehr das Virus eingeschleppt. De facto hätten viele gearbeitet: ‹Es gab kein langes Wochenende für die Fleischindustrie›, sagt Sepsi. ‹Die Aussage ist einfach falsch und sie schürt Rassismus.› (…) Amariei glaubt dagegen, Tönnies wie Laschet hätten die Schuld auf diejenigen abschieben wollen, die sich am leichtesten ersetzen ließen.»
«Die allermeisten Kitas sehen sich nun außerstande, zu Randzeiten noch zu öffnen. Normalerweise werden Kinder, die früh in die Tagesstätten kommen, weil ihre Eltern dann schon zur Arbeit müssen, gruppenübergreifend zusammen betreut. Am späten Nachmittag ist es ähnlich. Das […] ist nun nicht mehr erlaubt. (…)»
«In Zwickau etwa öffnen kommunale Einrichtungen nun erst 7 Uhr, 16 Uhr machen sie schon wieder zu. ‹Bereits diese Öffnungszeiten stellen die Erzieherinnen und Erzieher vor große Herausforderungen› (…) Anders als mit begrenzten Öffnungszeiten seien die Regelungen nicht umzusetzen.»
(…)
«Die Eltern sind konsterniert. ‹Auch während der Notbetreuung konnte ich meine Kinder 6 Uhr abgeben› (…) Nach den den neuen Regeln dürfen Kinder erst 7 Uhr abgegeben werden – und auch nur von den Erziehungsbrechtigten. Wie sollen wir das schaffen und einen systemrelevanten Beruf ausüben, ohne in Schwierigkeiten zu kommen?› (…) [Eine Sprecherin des Kultusministeriums:] ‹An die Arbeitgeber ergeht die Bitte, auf diese besondere Betreuungssituation kulant zu reagieren.›»
«Behörden in dem stark vom Virus betroffenen italienischen Ort Vo [haben] rund 80 Prozent der 3300 Einwohner auf eine Infektion mit Sars-CoV-2 getestet, knapp 100 waren positiv – aber kein einziges Kind unter zehn Jahren. Auch Studien aus Island, Norwegen und Südkorea haben nur wenige Infektionen unter Kindern gefunden. Und in den Niederlanden machten Behörden in keinem einzigen Ansteckungsfall unter Zehntausenden einen Minderjährigen als Quelle aus. Laut einer statistischen Modellierung eines Teams […] von der London School of Hygiene & Tropical Medicine […] haben Menschen unter 20 Jahren lediglich ein halb so hohes Risiko, sich zu infizieren wie über 20-Jährige.»
«Die südwestdeutsche Eltern-Kind-Studie entlastet Kinder nun weiter. (…) Unter den 64 Menschen, die Antikörper gegen Sars-CoV-2 gebildet hatten, befanden sich 45 Erwachsene und nur 19 Kinder. Gerade die Kleinsten waren besonders wenig betroffen: Von den Ein- bis Fünfjährigen hatten nur 0,6 Prozent eine Infektion durchgemacht und von den Sechs- bis Zehnjährigen 0,9 Prozent, während es unter den Erwachsenen 1,8 Prozent waren. Außerdem waren nur bei 13 Eltern-Kind-Paaren beide infiziert – die Erkrankung eines Elternteils führte also nicht zwingend zur Erkrankung des Kindes und umgekehrt.»
(…)
«‹Fast alle verfügbaren Studien leiden unter dem Einflussfaktor, dass sich die Kinder nur in den Haushalten infizieren können, weil sie nur zu Hause sind›, sagt der Corona-Experte Christian Drosten von der Charité in seinem aktuellen NDR-Podcast – allerdings nicht in Bezug auf die Heidelberger Studie. Diese ist das Problem angegangen, indem sie gezielt einen großen Teil an Kindern aus Notbetreuungen einbezog. Etwa 25 Prozent der Test-Kinder waren also in den vergangenen Wochen zumindest in Kontakt mit einigen Gleichaltrigen. Diese Kinder hatte keine höheren Ansteckungsraten als die zu Hause betreuten: ‹Wir können eindeutig sagen, dass es keine häufigeren Infektionen bei Kindern in Notbetreuung gab›, sagt Hans-Georg Kräusslich, Dekan der Medizinischen Fakultät in Heidelberg.»
«Auch einem weiteren Problem begegneten die Forscher: dass Antikörpertests gerade bei niedrigen Infektionszahlen in einer Region grundsätzlich sehr fehleranfällig sind. Aus diesem Grund nutzten die südwestdeutschen Kinderkliniken mindestens zwei verschiedene Tests pro Proband.»
«Im Zusammenhang mit einer am Montag bekanntgewordenen Coronainfektion einer Lehrerin am Regenbogengymnasium in Augustburg (Landkreis Mittelsachsen) sind bis Donnerstag von 75 getesteten Schülerinnen und Schülern 21 mit dem Virus infiziert.»
(…)
«‹Seitens des Gesundheitsamtes sind derzeit zwölf Teams in die Kontaktermittlung eingebunden›, sagte Amtsärztin Annelie Jordan. Wichtig sei, dass der sogenannte Ursprung der Erkrankungswelle nachvollzogen werden konnte. (…) Im Zusammenhang mit den Coronafällen in Augustusburg habe das Gesundheitsamt bisher 91 [Quarantänebescheide] ausgestellt.»
«[Die Forscher haben in der Corona-Studie der Uniklinik Leipzig an] den bisher von ihnen getesteten Schulen in Leipzig, Dresden sowie Zwickau keinen einzigen akuten Corona-Fall gefunden. Und das, obwohl inzwischen mehr als 1500 Ergebnisse von Rachenabstrichen an zehn Schulen, davon vier Grundschulen und sechs Gymnasien, vorliegen.»
«Darüber hinaus hatten nur zehn der getesteten Schüler und Lehrer Antikörper entwickelt, was auf eine überstandene Infektion hindeutet. (…) Von der erhofften Herdenimmunität ist Sachsen also weit entfernt. Gleichwohl scheint es, wie Jurkutat folgert, ‹nach den Daten im Moment wenig Infektionsgeschehen an den Schulen zu geben›. Kinder seien keine ‹Virenschleudern›, bei Einhaltung entsprechender Hygienekonzepte könne man die Öffnung der Schulen also durchaus gutheißen.»
«So wurden in Baden-Württemberg vom 22. April bis 15. Mai rund 2500 Kinder im Alter von einem bis zehn Jahren und jeweils ein zugehöriges Elternteil auf Sars-Cov-2 getestet. Nur bei einem Kind und zugehörigen Elternteil fiel der Test positiv aus. Antikörper fanden sich bei 45 Elternteilen und 19 Kindern. Virologe Hans-Georg Kräusslich vom Uni-Klinikum Heidelberg schloss daraus, dass Kinder ‹anscheinend nicht nur seltener an Covid-19 erkranken, was schon länger bekannt ist, sondern auch seltener durch das Sars-Cov-2-Virus infiziert werden.›»
«Und das Uniklinikum Hamburg-Eppendorf zog am Freitag die vorläufige Bilanz einer Studie mit mehreren tausend Hamburger Kindern. Bei mehr als 3107 Abstrichen fand sich kein einziger mit positivem Ergebnis, berichtete Studienleiterin Ania Muntau. Von 2436 Antikörpertests der Kinder waren nur 36 positiv. Wobei zurückliegende Infektionen bei älteren Kindern häufiger festgestellt wurden.»
«Eigentlich hatten sich die Regierenden der Länder mit der Bundesregierung darauf geeinigt, dass bei Überschreiten der Marke von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern in sieben Tagen wieder verschärfte Anti-Corona-Maßnahmen eingeführt werden mit all ihren schädlichen Konsequenzen für die Menschen und die Wirtschaft. Diese Marke wird in Gütersloh wohl überschritten. Doch es werden nur Schulen und Kindergärten geschlossen, mit der Begründung, dass dies besser sei als ein ‹Lockdown› – und ein gutes Mittel gegen die Ausbreitung. Das ist Unsinn.»
(…)
«[Die] großen Ausbrüche der vergangenen Wochen [gehen] nicht von Kindern aus, sondern von Erwachsenen. Kinder müssen nur dafür büßen. Ja, Schulen und Kindergärten sind gefährliche Stätten des Austauschs für Krankheitskeime aller Arte, weswegen man sie in einer Pandemie besonders überwachen muss. Doch auch nach einem halben Jahr mit dem Virus gibt es dazu noch immer kein flächendeckendes Konzept.»
(…)
«[Die] allermeisten Schulen und Kindergärten laufen weiter im Minimalbetrieb oder werden gleich ganz geschlossen, sobald Erwachsene in der Nachbarschaft das Virus verbreiten. Die Friseure, Restaurants und Fitnessstudios dürfen weitermachen, und sogar die Schlachtbetriebe, obwohl sie erwiesenermaßen Corona-Hotspots sind. Die große Zahl von Fällen im Kreis Gütersloh zeigt, dass dieser Ausbruch sich über Wochen entwickelt hat, obwohl immer versprochen wird, dass alles getan werde, um Ausbrüche zu verhindern.»
(…)
«Nicht weil es besonders viel bringen würde, Schulen und Kindergärten zu schließen, sondern weil es so einfach ist. Und die betroffenen Familien sind längst viel zu erschöpft, um sich noch zu wehren.»
«Though the use of red triangles was, as the tweet says, very common, it's not very well-known. But the use of a red triangle as an antifa symbol, which is what the Trump campaign claimed it was meant to be, is even more obscure.»
«Though the campaign said on Twitter that the upside-down red triangle is ‹widely used› by antifa, it’s not. The image most closely associated with the group is of a red and black flag. Mark Bray, author of Antifa: The Anti-Fascist Handbook, told the New York Times that the triangle was not an antifa symbol, adding that its Nazi origins actually represented a ‹death threat against leftists.›»
(…)
«According to Facebook's ad library, the campaign placed 30 red triangle ads on the Team Trump page, 30 on Trump's page, and 28 on Pence's page. Those add up to 88. It's certainly possible that the Trump campaign's decision to go with a very specific number of ads – a number that also happens to have Nazi connections – is a coincidence.»
Alexander Stannigel — hat einige Artikel geteilt:Mittwoch, 10. Juni 2020
#125
Die #NFL ändert ihr Verhalten zu #BlackLivesMatter. #FOXSports sendet im Vorlauf des Rennens in Atlanta emotionale Beiträge dazu. #NASCAR selbst unterbricht die Warm-Up-Runden für eine kurze Ansprache ihres Präsidenten über den Rennleitungsfunk und NASCAR überlegt ferner die Konföderierten-Flagge von dem Campern im Infield und an der Strecke zu verbannen.
Das sind Gesten, die sonst nur dem Militär zuteil werden, zu einem Thema, zu dem die letzten drei, vier Jahre von NFL und NASCAR nur ohrenbetäubendes Schweigen zu vernehmen war.
Das könnte diesmal wirklich der Anfang eines Umdenkens sein.
«Als der Quarterback Colin Kaepernick 2016 während der US-Hymne, die vor jedem Spiel erklingt, auf die Knie ging, um gegen Diskriminierung und Polizeigewalt zu protestieren, verurteilte die NFL diese Geste. Kaepernick wurde zur Persona non grata und sucht seither vergeblich einen Platz in einem Klub. 2018 verabschiedeten die Teambesitzer eine Regel, wonach die Spieler während der Hymne entweder stehen oder in der Kabine bleiben müssen. Nur wegen des Einschreitens der Spielergewerkschaft wird die Regel nicht forciert, doch sie spiegelte bislang die Haltung der Liga wider.»
«Was NFL-Chef Roger Goodell nun in einer Videobotschaft sagte, darf daher als extremer (und unerwarteter) Richtungswechsel bezeichnet werden. ‹Wir, die NFL, geben zu, dass wir in der Vergangenheit falsch gelegen haben›, sagte Goodell. […] Die Kehrtwende der NFL folgte auf eine Aufforderung einiger prominenter schwarzer Spieler, darunter Super-Bowl-Gewinner Patrick Mahomes und der junge Quarterback Deshaun Watson; sie hatten – ebenfalls in einer Videobotschaft – eine klare Positionierung der Liga gefordert.»
(…)
«[US-Präsident Donald Trump] war und ist ein großer Gegner von knieenden schwarzen Spielern bei der Hymne. Er instrumentalisierte die von Kaepernick initiierten Proteste und lenkte den Diskurs auf die Frage nach Nationalstolz. Darf man die Flagge und das Land so missachten? 2017 empfahl er bezüglich der protestierenden Profis: ‹Holt diesen Hurensohn sofort vom Feld. Raus! Er ist gefeuert!›»
(…)
«[New Orleans Saints-Quarterback Drew Brees] erwiderte: ‹Durch meinen andauernden Dialog mit Freunden, Teamkollegen und Führern der schwarzen Gemeinde habe ich erkannt, dass es nicht um die amerikanische Flagge geht. Es ging nie darum.› Man könne nicht länger die Flagge missbrauchen, um Menschen von den wahren Problemen der schwarzen Gemeinde abzulenken. ‹Wir haben das 2017 getan, und leider habe ich es mit meinen Äußerungen in dieser Woche wieder getan. Wir müssen aufhören, über die Flagge zu sprechen und uns endlich den realen Problemen der systematischen rassistischen Ungerechtigkeit, wirtschaftlicher Unterdrückung, Polizeigewalt sowie einer Rechts- und Gefängnis-Reform zuzuwenden.›»
«Der Quarterback der San Francisco 49ers [Colin Kaepernick] hatte 2016 und 2017 beim Abspielen der Nationalhymne vor den Partien gekniet, um gegen Polizeigewalt und Rassismus zu demonstrieren. Trump schimpfte ihn deshalb einen ‹Hurensohn› und forderte, dass er entlassen werden und das Land verlassen solle – zumindest Ersteres trat ein, Kaepernick ist bis heute arbeitslos.»
«Nun debattierten die Leute angesichts der Gewalt auf den Straßen (die sehr häufig auch von Polizisten ausgegangen war), ob Kaepernick nicht genau die richtige Form gewählt hatte.»
(…)
«Brees' Teamkamerad Michael Thomas, einer der besten Passempfänger der Liga, organisierte daraufhin ein Video mit den wichtigsten afroamerikanischen NFL-Profis, das jedem, der es sah, nahegehen musste. Patrick Mahomes (Kansas City Chiefs), Saquon Barkley (New York Giants), Odell Beckham Jr. (Cleveland Browns) und viele andere sprachen die Namen der Opfer aus, dann sagten sie: ‹Wir werden nicht mehr zum Schweigen gebracht werden, sondern wir bestehen auf unserem Recht, friedlich protestieren zu dürfen.›»
(…)
«Die größten afroamerikanischen Spieler dieser Liga protestierten, und sie wurden erstmals unterstützt von den größten hellhäutigen Spielern. Das konnte die Liga nicht länger ignorieren. NFL-Chef Roger Goodell, bei Kritik gewöhnlich glatt wie eine Teflonpfanne, wiederholt in einem Video genau die Worte, die die schwarzen Spieler von ihm gefordert hatten: ‹Wir, die NFL, verurteilen Rassismus und systematische Unterdrückung von Schwarzen. Wir, die NFL, geben zu, dass es falsch gewesen ist, unseren Spielern nicht früher zugehört und sie ermuntert zu haben, sich zu äußern und friedlich zu protestieren. Wir, die NFL, glauben daran: Black Lives Matter.›»
(…)
«70 Prozent der NFL-Profis sind schwarz, ihr Protest ist bedeutsam. Ebenso bedeutsam jedoch (…) ist die Solidarität der weißen Spieler; schließlich sind 80 Prozent der NFL-Zuschauer hellhäutig. Diese Solidarität ist ein Zeichen, dass es nicht um die US-Flagge geht und schon gar nicht um Trump. Sondern um dringend notwendigen gesellschaftlichen Wandel. Die Botschaft ist: Sie haben verstanden.»
«Before the start of the Folds of Honor QuikTrip 500, NASCAR President Steve Phelps provided a stirring and compelling message against racism and racial inequality before a moment of silence. The drivers then show solidarity and support of our African American communities with a captivating message of their own.»
«@NASCAR is actively considering a change to its confederate flag policy, per sources, as calls grow for the series to permanently ban the symbol from its facilities.»
«Bubba Wallace appeared Monday evening on CNN Tonight with Don Lemon. During the interview, he said NASCAR should prohibit Confederate flags at race tracks.»
«‹No one should feel uncomfortable when they come to a NASCAR race. So it starts with Confederate flags. Get them out of here.›»
«‹In Krisenzeiten suchen Intelligente nach Lösungen, Idioten suchen nach Schuldigen.› [Das Zitat] wird auch von Journalisten, Politikerinnen, Professoren gepostet und geteilt. Und dem Humoristen Loriot zugeschrieben. Der aber hat das nie gesagt. (...) Das Zitat [wurde] am 5. Mai erstmals auf einer Facebook-Seite Loriot zugeschrieben. (...) Es kommt aus dem spanischen Sprachraum. (...) In Italien wurde das Zitat recht schnell dem dort sehr bekannten Humoristen Totó zugeordnet. (...) Politisch starke Zitate landen bei Churchill oder Bismarck. Lustige sind eher für Mark Twain oder Bernard Shaw. Offensichtlich hat Loriot eine Autorität (...) Wobei die Kenner von ihm sagen: Das Wort ‹Idiot› hätte Loriot nie verwendet.»
(…)
«‹Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, keine Menschen mehr.› Das hat 1944 irgendein konfuser Imker Einstein zugeschrieben. Und jedes Mal, wenn Bienen sterben, taucht seitdem in irgendwelchen Artikeln dieses Zitat auf. Die Leute bedenken nicht, dass Einstein kein Biologe war und kein Prophet, sondern Physiker.»
(…)
«Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, lag im vergangenen Jahr daneben, als sie Albert Einstein zitierte: ‹Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.› Das hat der italienische Sozialdemokrat Matteo Renzi noch 2015 zum Zentrum einer Rede gemacht. 1988 tauchte es erstmals in einem Interview auf. Und wenn ein Zitat das erste Mal in einem Interview auftaucht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es nicht echt ist. Dann schaut man weiter (...) Es wird auch noch Papst Johannes XXIII. und einem Fürsten zugeschrieben. (...) Eigentlich [hat es] der französische Sozialist Jean Jaurès 1910 gesagt.»
(…)
«Offenbar bedürfen schlaue Gedanken einer Adelung durch einen prominenten Namen. (...) Ein Sponti-Spruch der 70er-Jahre war: ‹Stell dir vor, es gibt Krieg, und keiner geht hin.› (...) Seit 20 Jahren wird das Bertolt Brecht untergeschoben, der das nie gesagt hat.»
(…)
«‹Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wo sie arbeiten sollte.› (...) Jahrzehntelang hat man gesucht, wo das Platon geschrieben haben könnte. Dann hat ein amerikanischer Zitatforscher herausgefunden, dass das das erste Mal 1907 in einer englischen Dissertation auftaucht. Es stimmt nicht.»
«Laufend ergänzte Sammlung und Dokumentation von im deutschen Sprachraum verbreiteten Falschzitaten und Memes sowie Kuckuckszitaten, Zitaträtseln, apokryphen, problematischen, entstellten Zitaten und falsch zugeschriebenen Zitaten. nach den Regeln der Zitatforschung, mit Benützung der relevanten Nachschlagwerke und Literatur, und wo es möglich ist, mit Online-Belegen dieser Quellen.»
«Während Einzelhändler, Fußballklubs oder Hoteliers in der Corona-Krise lautstark – und durchaus erfolgreich – für sich getrommelt haben, fiel es Familien bislang deutlich schwerer, ihre Interessen oben auf der Agenda der Krisenmanager zu platzieren. Nun aber haben Kinderärzte einen Teil der Lobbyarbeit für die vulnerable Gruppe der Kleinsten übernommen: In einem gemeinsamen Papier forderten unter anderem der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) und die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin am Donnerstag eine rasche Öffnung der Kitas und Schulen ‹ohne massive Einschränkungen›, also ohne Kleinstgruppen und Abstandsgebote, lediglich in festen Gruppen und Klassen.»
«Ja, die Schulen sind wieder geöffnet. Viele Grundschüler aber gehen nur einen Tag in der Woche für wenige Stunden in die Schule. Weil an den anderen Tagen gerade bei den Kleineren mitnichten echter Onlineunterricht stattfindet, ist das letztlich nur eine ziemlich klägliche Simulation von Schule, die Kindern und Eltern unverhältnismäßig viel abverlangt. Auch viele Kita-Kinder sind nach wie vor zu Hause, mittlerweile seit vielen Wochen.»
(…)
«Deshalb halten die Mediziner es für ausreichend, stabile Gruppen zu bilden, die sich nicht mit anderen Gruppen mischen. Die schiere Gruppengröße, derzeit ein Fixpunkt aller Schul- und Kitahygienepläne, halten sie dagegen für weniger entscheidend. Während Sachsen ein solches Modell in den Grundschulen seit dieser Woche praktiziert, gehen am anderen Ende der Lockerungsskala die Gegner einer weiteren Öffnung auf die Barrikaden.»
(…)
«Ein Null-Risiko-Umfeld lässt sich nirgendwo schaffen, wo gelockert wird. Besonders angestrengt sind die Versuche aber ausgerechnet in den Schulen und Kitas. Das ist nicht fair, sagt aber eine Menge über den Stellenwert, den Kinder in einer Gesellschaft haben. Die Suche nach einem anderen Weg, der vielleicht ein etwas höheres, aber immer noch kalkulierbares Risiko mit sich bringt, ist nicht verantwortungs- und rücksichtslos, sondern das genaue Gegenteil. Erwachsene bewegen sich jetzt in einem Umfeld, in dem sie sich im Biergarten treffen dürfen und es kaum erwarten können, im Sommer im Hotel ihrer Wahl einzuchecken. Es ist es höchste Zeit, auch in Kindern wieder mehr zu sehen, als ein epidemiologisches Risiko.»
«Es scheint nun aber ein Wendepunkt erreicht zu sein, an dem das als Möglichkeit in den Raum gestellte apokalyptische Szenario einer Pandemie mit Millionen Toten, die der Staat verhindern muss, durch eine individuelle Risikokalkulation abgelöst wird. Die Verantwortung der Virus-Prävention wird immer mehr auf den Einzelnen übertragen. Einfach zu Hause bleiben genügt nicht mehr. Es wird darauf ankommen, aktiv im Alltag, im Büro und im Biergarten auf sich und andere achtzugeben.»
(…)
«Es gibt längst nicht mehr so viele Unsicherheitsfaktoren wie noch vor einigen Wochen. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion lässt sich schon mit einfachen und wenig invasiven Maßnahmen wie Abstand, Hygiene, Durchlüften und dem Tragen von Masken verringern. (…) Das individuelle Risiko einer Infektion ist also durch die Erfahrungen der letzten Wochen durchaus kalkulierbar geworden, so wie auch der Umgang mit den Gefahren des Straßenverkehrs oder die Verhinderung der Ansteckung mit anderen Krankheiten gelernt worden ist. So wurden zum Beispiel […] durch Verhütungsmethoden bei sexuellen Kontakten gesamtgesellschaftliche Präventionsmaßnahmen getroffen. Sexuelle Kontakte wurden nicht eingeschränkt, sondern die Verantwortung muss je individuell getragen werden – für sich und für andere.»
Alexander Stannigel — schaut sich wieder Zahlen an.Freitag, 15. Mai 2020
#121
Das sieht alles weiterhin sehr vielversprechend aus.
Acht Wochen nach dem Lockdown und einige Wochen nach den ersten zaghaften und mittlerweile auch weitergehenden Lockerungen geht die Zahl der aktiven Covid-19-Fälle nach den Zahlen des RKI weiter zurück und die Reproduktionszahl pendelt weiterhin unter eins — wenn Schlachtbetriebe außen vor gelassen werden …
Ab dem 30.04.2020 ist das RKI von einer 3-Tage-Basis auf eine 4-Tage-Basis gewechselt und gibt seit dem zwei Nachkommastellen an. Das RKI weißt in den Lageberichten auch wiederholt selbst darauf hin, dass die Reproduktionszahl bei den niedrigen Infektionszahlen nicht sonderlich aussagekräftig ist, wenn nur einzelne Tage betrachtet werden.
Wichtige Zeitpunkte
9. März:
Absage großer Veranstaltungen in verschiedenen Bundesländern (über 1.000 Teilnehmer)
20. April:
Erste Wiederöffnungen des Einzelhandels, Mund-Nasen-Schutzpflicht in Geschäften & ÖPNV
4. Mai:
Teilweise Wiederöffnungen von Kindergärten und Schulen, weitere Wiederöffnungen von Handwerk und großflächigem Einzelhandel
Schweden
Die Kontrollgruppe sollte nicht aus dem Blick verloren gehen. In Schweden, wo nur Bildungseinrichtungen geschlossen wurden, sind nach den Zahlen der Johns-Hopkins-Universität 3 500 Menschen verstorben – bei gerade einmal 10 Mio. Einwohnern und einer Bevölkerungsdichte von lediglich 23 Ew/km². Am Wochenende wird in Schweden weiterhin klar sichtbar weniger an Covid-19 gestorben als an Wochentagen – ohne dass da eine Ausgleichsbewegung am Montag oder Dienstag folgen würde.
Wenn für Deutschland die Zahlen tageweise unplausibel niedrig sind, gibt's spätestens nach ein paar Tagen eine Ausgleichsbewegung – sogar für die Wiederauferstandenen von Karsonnabend! Daher sind die 8 000 Verstorbenen realistisch. Und im Vergleich ziemlich niedrig bei 80 Mio. Einwohnern und einer Bevölkerungsdichte von hohen 230 Ew/km².
Um die Wochenend-Anomalie in Schweden rauszurechnen habe ich mal den Durchschnittswert der jeweils drei Tage vor und nach einem Wochenende auch als erwartete Zahl für die Wochenendtage — bzw. für das gesamte Osterwochenende — hergenommen und die Differenz zum offiziellen Wert dazugerechnet. Insgesamt summiert sich die Zahl dann auf fast 4 500. Allein auf die Einwohnerzahl hochgerechnet entspräche das 36 000 Verstorbenen in Deutschland — also Verhältnissen wie in Italien oder im Vereinigten Königreich. Bezöge man die Bevölkerungsdichte zwischen dem Faktor 0.25 bis 0.5 × 10 ein — über die Höhe habe ich keine wissenschaftliche Basis — würde das 90 000 bis 180 000 bedeuten.
Zum Vergleich: An der die Influenzawelle 2017/18 sind in Deutschland nach Schätzung des RKI 25 100 Menschen verstorben. Der Lockdown war also vielleicht zu lang. Der Lockdown war vielleicht zu umfasend. Grundsätzlich falsch war der Lockdown nicht.
«Seit gestern liegt die Schätzung der Reproduktionszahl R über 1. Bei der Interpretation mussberücksichtigt werden, dass diese Schätzungen mit der Unsicherheit verbunden ist, wie sie das jedenTag ausgewiesene Prädiktionsintervall ausdrückt. Aufgrund der statistischen Schwankungen, die durchdie insgesamt niedrigeren Zahlen verstärkt werden, kann somit weiterhin noch nicht bewertet werden,ob sich der während der letzten Wochen sinkende Trend der Neuinfektionen weiter fortsetzt oder eszu einem Wiederanstieg der Fallzahlen kommt. Der Anstieg des geschätzten R-Wertes macht eserforderlich, die Entwicklung in den nächsten Tagen sehr aufmerksam zu beobachten.»
«Die geschätzte Reproduktionszahl lag in den letzten Tagen leicht über 1. Dies zeigt, dass der Rückgangder Anzahl von Neuerkrankungen, den wir in den letzten Wochen beobachtet haben, sich abgeflachthat und möglicherweise ein Plateau erreicht. Von einem erneut ansteigenden Trend gehen wir bishernicht aus. Die Abschwächung des Rückgangs der Neuerkrankungen hängt auch mit lokalen Häufungenbeispielsweise im Umfeld von Schlachtbetrieben zusammen. Da die Fallzahlen in Deutschland zudeminsgesamt langsam kleiner werden, beeinflussen diese Ausbrüche den Wert der Reproduktionszahlstärker als bei höheren Fallzahlen. Der Verlauf der Anzahl von Neuerkrankungen in den nächstenTagen muss abgewartet werden um zu beurteilen, ob nur eine vorübergehende Verlangsamung desRückgangs vorliegt.»
«Der bisher berichtete R-Wert bildet zeitnah den Trend der Anzahl von Neuerkrankungen ab und kannauf mögliche Trendänderungen hinweisen. Dieser Wert reagiert jedoch empfindlich auf kurzfristigeÄnderungen der Fallzahlen – wie sie etwa durch einzelne Ausbruchsgeschehen verursacht werdenkönnen - was besonders bei insgesamt kleineren Anzahlen von Neuerkrankungen zu verhältnismäßiggroßen Schwankungen führen kann.»
«Ungenutzte Testmöglichkeiten gibt es hierzulande gerade im Überfluss. Fast 965.000 Tests hätten die Labors in der vergangenen Woche analysieren können. Tatsächlich durchgeführt wurden aber nur gut 382.000 Proben; neuere Daten liegen nicht vor. Damit wurde die Kapazität nicht einmal zu 40 Prozent genutzt.»
(…)
«Nun, da derlei Engpässe selten geworden sind, spricht sich das RKI für umfassende Testungen aus. So sollen unabhängig von Risikofaktoren oder Kontakt zu Infizierten alle Patienten mit akuten Atemwegssymptomen oder dem Verlust von Geruchs- oder Geschmackssinn überprüft werden. Und für alte Menschen und andere Risikogruppen empfiehlt das RKI ‹in Absprache mit dem Gesundheitsamt ein umfassendes Screening auf SARS-CoV-2› – also Massentests.»
(…)
«Doch die gesetzlichen Krankenversicherer wollen Tests von Patienten ohne Symptome nicht bezahlen. ‹Wir unterstützen prinzipiell diese Idee und können bei der Umsetzung helfen›, sagt eine Sprecherin des Spitzenverbandes KGV. ‹Aber wenn wir über die Testung von symptomlosen Personen sprechen, reden wir über Bevölkerungsschutz. Das ist die Aufgabe des Staates.›»
«Es geht um viel Geld: rund 250 bis 300 Millionen Euro pro Monat. (…) Demnach kommt das Geld nicht direkt von den gesetzlichen Krankenkassen, sondern aus dem Gesundheitsfonds. Aus dem Fonds finanzieren die Kassen die Leistungen für ihre Versicherten. Gespeist wird er aus den Beiträgen der Kassenmitglieder und ihrer Arbeitgeber sowie durch einen Zuschuss des Bundes. Die Kassen wehren sich auch gegen dieses Modell. ‹Damit sind zunächst mal wieder die Beitragszahler dran und nicht die Steuerzahler›, sagt AOK-Chef Martin Litsch. Zudem sei es unausgewogen, weil die gesetzlichen Kassen dann auch für privat Versicherte zahlen müssten.»
Alexander Stannigel — hat drei Artikel geteilt:Freitag, 8. Mai 2020
#119
Reisebeschränkungen zur #Covid19-Eindämmung kurz zusammengefasst:
Rechtswidrig – zumindest wenn das Gesundheitssystem nicht an seine Leistungsgrenze zu kommen droht
Nutzlos – die Ausbreitung von Viren wird dadurch nicht merklich gebremst
Viel zu spät – SARS-CoV-2 war höchstwahrscheinlich bereits im November in Europa
Wir hätten in Europa das Problem also zwei Monate länger versuchen können wegzuignorieren, aber dann wär's trotzdem so gekommen, wie's jetzt gekommen ist.
«Schlagbäume, Grenzkontrollen, Zurückweisungen. Der europäische Gedanke ist an der deutschen Außengrenze kaum noch zu spüren. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags formuliert nun ‹Zweifel› und ‹Bedenken›, ob die Anordnung aus dem Bundesinnenministerium zu den Ausreisebeschränkungen in der Corona-Krise überhaupt rechtmäßig ist. Das achtseitige Papier, das dem ARD-Hauptstadtstudio exklusiv vorliegt, verweist unter anderem darauf, dass die EU-Bürger ein Recht auf Freizügigkeit haben.»
(…)
«Allerdings heißt es im Gutachten, dass von der Ausreise aus dem Bundesgebiet unmittelbar ‹keine Gefahr für das deutsche Gesundheitssystem› ausgehe. Dabei haben die Gutachter in Erwägung gezogen, dass die Bürger nach einem Urlaub wieder einreisen. Zwar gingen von Urlaubsreisen in Infektionsgebiete ‹besondere Gefahren› aus. Mittlerweile sei aber zu beobachten, dass ‹das öffentliche Leben insbesondere in den von der Ausreiseuntersagung betroffenen Ländern massiv eingeschränkt› sei.»
(…)
«‹Solche Ausreiseverbote haben sich bislang immer nur auf Einzelpersonen bezogen, denen irgendwelche konkreten Verhaltensweisen vorgeworden wurden, aus denen sich eine Gefährdung deutscher Interessen ergebe.› [...] dass es bislang Ausreiseverbote für Hooligans oder gewaltbereite Islamisten gegeben habe. (...) Jeden Tag würden wegen der Einreisebeschränkungen ‹Familien zerschnitten, Pendler behindert und jetzt auch Schulwege blockiert. (...) Zum Gesundheitsschutz sind die Sperren nicht mehr geboten, aber sie widersprechen eklatant der gemeinsamen Lebenswirklichkeit unserer Grenzregionen›.»
«Die Grenzen zu schließen, um ein Virus nicht ins Land zu lassen, funktioniert nicht. Das zeigen seit Jahren Studien, die bei Grippeausbrüchen ebenso gemacht wurden wie bei SARS und MERS. (…) Die USA und Italien haben nach Ausbruch des Coronavirus zu einem frühen Zeitpunkt Reisende aus China nicht mehr ins Land gelassen, Spanien und Frankreich haben das nicht gemacht. Doch alle vier Länder wurden in den Wochen danach vom Coronavirus ähnlich stark getroffen.»
(…)
«Wenn in einem Land die Menschen vor einer Epidemie gewarnt sind, wenn sie also Abstand halten, und zudem die Gesundheitsämter versuchen, die Infizierten aufzuspüren, zu isolieren und ihre Kontaktpersonen sich in Quarantäne begeben, dann wird das exponentielle Wachstum gebrochen. Die Infektionen, die dann über eine Landesgrenze womöglich zusätzlich eingeschleppt werden, vergrößern zwar rechnerisch die Zahl der Gesamtinfizierten, machen aber keinen entscheidenden Unterschied mehr. […] Mit den gleichen schlechten Gründen, mit denen man die Grenzen zwischen Deutschland und Österreich schließt, hätte man auch die Grenzen zwischen Bayern und Baden-Württemberg schließen können.»
(…)
«Dringend nötiges medizinisches Material wie Schutzkleidung komme etwa in vielen Ländern nicht mehr an, weil die Passagierflugzeuge keine Fracht mehr mitnehmen können. […] [Das Welternährungsprogramm musste] für viel Geld eine Luftbrücke einrichten, um überhaupt medizinische Güter in viele Länder schaffen zu können. […] die Hilfsorganisation UNICEF [berichtete], dass im März die regulären Schutzimpfungen für Kinder in mehreren Ländern um 70 bis 80 Prozent zurückgegangen seien, weil es keine kommerziellen Flugzeuge mehr gebe, die die Impfstoffe transportieren können. Ostafrika leidet zudem derzeit unter einer der größten Heuschreckenplagen seit Langem – auch weil die Pestizide wegen Coronabeschränkungen derzeit nicht eingeflogen werden können.»
«Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie aber nahmen sich die Ärzte noch einmal alle Fälle von ungeklärten schweren Lungenerkrankungen aus dem Dezember und dem Januar vor – und wurden fündig. Ein Test auf Grippeviren war bei Hammar ergebnislos geblieben. Doch noch vorhandene und gelagerte Proben von ihm erwiesen sich bei Tests auf Sars-CoV-2 als positiv. (…) Der Fall […] wirft zusammen mit anderen Untersuchungen eine Reihe von Fragen auf, etwa wie das Infektionsgeschehen in der Frühphase abgelaufen ist, wann es begann und wo es seinen Ausgangspunkt hatte.»
«Ein Team aus Genetikern und Archäologen (…) [fand] drei verschiedene Stränge des Virus, die sie als A, B und C bezeichnet haben. Der Typ A ist dabei […] die Urversion des menschlichen Coronavirus. […] In Wuhan allerdings, der Stadt in Zentralchina, wo die Epidemie nach der offiziellen Version der chinesischen Regierung ihren Ausgangspunkt auf dem Huanan-Markt hatte, ist der Virustyp B vorherrschend, nicht, wie eigentlich zu vermuten wäre, der ursprüngliche Virustyp A. (…) ‹Der Typ A jedoch ist auch in anderen Regionen in China zu einem frühen Zeitpunkt des Ausbruchsgeschehens aufgetreten, etwa in Yunnan und Guangdong.›»
(…)
«[…] Er war seit August 2019 nicht gereist, muss sich also in Frankreich angesteckt haben – die genauen Infektionsketten konnten die Ärzte noch nicht nachvollziehen. China meldete am 31. Dezember die ersten Fälle an die WHO. Doch ist bekannt, dass es dort schon am 1. Dezember einen bestätigten Fall gegeben hat, möglicherweise bereits Mitte November einen anderen. […], dass der Ausbruch mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent zwischen dem 13. September und dem 7. Dezember stattgefunden hat. Eine weitere Analyse […] datiert den Übergang des Erregers auf den Menschen auf den Zeitraum zwischen dem 8. Oktober und dem 11. Dezember.»