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Alexander Stannigel www.alexander-stannigel.eu Geschichte der Formel 1: Die 80er

Geschichte der Formel 1 Die 80er

Letzte Änderung: Oktober 2002
Diese Artikelserie stammt von DailyF1

Die 80'er-Jahre begannen in der Formel 1 mit einem wahren Boom. Insgesamt 20 Rennställe beteiligten sich am Kampf um WM-Punkte. Mit der steigenden Popularität forderte die von Brabham-Chef Bernie Ecclestone geführte FOCA (Formula One Constructors Association) ein höheres Startgeld. 540.000 Dollar mussten die Veranstalter der FOCA überweisen, um einen WM-Lauf austragen zu können. Orientiert am Erfolg der einzelnen Teams wurde diese Summe aufgeteilt.

Die Rennstallbesitzer benötigten den Geldsegen dringend, denn das allgemeine Wettrüsten beschleunigte sich dramatisch. Durchschnittlich wurden die Rundenzeiten um beinahe drei Sekunden gegenüber dem Vorjahr gesenkt. Die Steigerung basierte speziell auf den deutlich ansteigenden Kurvengeschwindigkeiten, die dank der verbesserten Ground-Effect-Technik erzielt wurden. Die Querbeschleunigungswerte stiegen bis auf 2.7 g (g steht für das Vielfache des eigenen Körpergewichtes), die in der - damals noch schikanenlosen - Ostkurve des Hockenheimrings gemessen wurden. Die rasante Entwicklung bereitete den Piloten Angst. Plötzlich machte es Mühe, den Kopf gegen die gewaltigen Fliehkräfte zu stemmen, und es erforderte immer mehr Kraft und Konzentration, die Füße während der Kurvenpassagen auf den Pedalen zu halten.

Der unterschätzte Australier Alan Jones wurde 1980 auf Williams Champion. Der unterschätzte Australier Alan Jones wurde 1980 auf Williams Champion.

Parallel dazu begannen die Konstrukteure, auch auf kleinste Details zu achten, um die Aerodynamik der Boliden zu verbessern. Ingenieur Patrick Head ließ beispielsweise als erster Konstrukteur die Benzinpumpe des Einheitsmotors der Firma Cosworth in einen windgeschützten Bereich des Hecks verlagern, um störende Turbulenzen auszumerzen.

Sportlich gesehen entwickelte sich das Jahr 1980 zum Desaster für Titelverteidiger Jody Scheckter. Der Südafrikaner, der ein Jahr zuvor als lange Zeit - bis 2000 - letzter Ferrari-Pilot Weltmeister werden konnte, sammelte insgesamt nur zwei WM-Punkte, die ihm Rang 19 im Endklassement des Championats einbrachten. Scheckters Nachfolger als Weltmeister wurde der australische Williams-Fahrer Alan Jones, über den Niki Lauda noch ein Jahr zuvor gesagt hatte: 'Den muss man sich nicht merken...'

1981 wurden aus Sicherheitsgründen noch vor dem ersten WM-Lauf die beweglichen Dichtleisten (Schürzen) an der Unterseite der Wagenflanken verboten. Starre Schürzen mit 60 Millimeter Bodenfreiheit sollten den Ground-Effect und damit die Kurvengeschwindigkeiten reduzieren. Lotus-Chef Colin Chapman wollte dieses Verbot geschickt umgehen: Er ließ den Typ 88 mit Doppelchassis bauen. Ein weich gefedertes Primärchassis mit starren Schürzen dichtete das Sekundärchassis in den Kurven zur Asphaltebene hin ab. Das Projekt verschlang einen großen Teil des Budgets, brachte aber nicht den gewünschten Erfolg - die Funktionäre durchschauten den Trick und verboten den Einsatz des Lotus 88. Trotzdem zogen die Regelwächter den Kürzeren. Während der Fahrt, wenn kein Kommissar die geforderte Bodenfreiheit nachmessen konnte, wurden die meisten Konstruktionen abgesenkt...

Eine andere Innovation war absolut legal und darüber hinaus wegweisend: McLaren und Lotus bauten die ersten Monocoques, die nicht aus herkömmlichem Aluminium, sondern aus Kohlefaser gefertigt waren. Die Vorteile - eine größere Verwindungssteifigkeit und mehr Sicherheit für den Piloten - wurden vorläufig allerdings durch das Gewicht der Konstruktionen verschleiert.

Das Jahr 1982 begann erneut mit listigen Erfindungen, um die strengen Regelvorschriften zu umgehen. Der neuen Mode entsprachen untergewichtige Autos. Weil es vor dem Nachwiegen der Rennwagen im Parc Ferme gestattet wurde, Kühlflüssigkeiten nachzufüllen, bauten Brabham und Williams Pseudo-Bremskühler in ihre Wagen ein. Die während des Trainings und Rennens leeren Tanks der Anlagen wurden nach dem Rennen aufgefüllt, um das Mindestgewicht von 580 Kilogramm zu erreichen. Nelson Piquet, Champion des Vorjahres, und Keke Rosberg wurden als Sieger und Zweitplatzierter des Grand Prix von Brasilien disqualifiziert, aber erst Wochen später verbot die FIA den Kühlwassertrick offiziell.

Mit Titeln 1985, 1986 und 1989 drückte Prost den 80'ern seinen Stempel auf. Mit Titeln 1985, 1986 und 1989 drückte Prost den 80'ern seinen Stempel auf.

Die Saison hätte den ersten Titelgewinn eines Turbopiloten bringen können, wenn das favorisierte Ferrari-Duo Gilles Villeneuve und Didier Pironi nicht schweren Unfällen zum Opfer gefallen wäre. Der Kanadier, Vater des Weltmeisters von 1997, starb am 8. Mai. Die Verletzungen, die er sich bei einer Kollision mit dem March des Deutschen Jochen Mass im belgischen Zolder zuzog, beendeten das Leben des Giganten, der von den italienischen Fans noch heute wie ein Heiliger verehrt wird. Nur vier Wochen später starb in Montreal der junge italienische Nachwuchsfahrer Riccardo Paletti. Erinnerungen an die gefährlichen Jahre der Formel 1 wurden wach, aber es sollte zwölf Jahre dauern, bevor es erneut einen Toten während eines GP-Wochenendes zu beklagen gab.

Nach Villeneuves Tod wurde dessen Teamkollege Didier Pironi als Titelfavorit gehandelt, doch ein schwerer Unfall während des Trainings in Hockenheim beendete die F1-Karriere des Franzosen. Obwohl er nur an zehn der insgesamt 16 WM-Läufe des Jahres teilnahm, wurde Pironi noch Vizemeister der Saison 1982. Den Titel errang der Finne Keke Rosberg, der damit ein vorläufig letztes Mal die Fahne der Sauger-Piloten hochhalten konnte. Wie Mike Hawthorn, der 1958 triumphiert hatte, ging Rosberg als Champion in die F1-Geschichte ein, der im Jahr seines Titelgewinns nur ein einziges Rennen gewann.

Ab 1983 übernahmen die Turbofahrer endgültig das Kommando. Die PS-Zahlen der Motoren mit nur eineinhalb Litern Hubraum wuchsen ins Unermessliche - bis 1986 wurde die Leistung deutlich über die 1.000-PS-Grenze hinaus gesteigert. Einzelne Motorenhersteller konnten keine genauen PS-Zahlen mehr nennen, weil die Skalen der Prüfstandinstrumente hierfür nicht ausreichten. Der Vierzylinder des Hauses BMW, der Nelson Piquet 1983 zum Titelgewinn verhalf, leistete in seiner Trainingsversion mit Sicherheit 1.250 PS. Optimisten sprachen sogar von 1.400 bis 1.600 Pferdestärken. Dank dieses Kraftzwerges erreichte Gerhard Berger am Steuer seines Benetton-BMW während des Qualifyings für den Grand Prix von Italien in Monza eine Spitzengeschwindigkeit von 351.22 km/h. Voller Respekt gestand der Tiroler anschließend, dass die Pistenbreite bei diesem Tempo mit jedem einzelnen km/h deutlich schmaler würde...

Duell des Jahrhunderts: Senna und Prost waren erbitterte Rivalen. Duell des Jahrhunderts: Senna und Prost waren erbitterte Rivalen.

Aus Sicherheitsgründen führte die FIA bereits im folgenden Jahr Pop-Off-Valves - Abblasventile - ein, die den Ladedruck der Turbos zunächst auf maximal vier bar begrenzten.

Weil die FIA den Turbos den Kampf angesagt hatte, war der Ladedruck jetzt auf scheinbar lächerliche 2.5 bar beschränkt. Parallel durften pro Grand Prix lediglich maximal 150 Liter Benzin verbraucht werden. Die konkurrierenden 3.5-Liter-Sauger unterlagen keinerlei Treibstoffbegrenzung - während des Rennens durften allerdings auch sie nicht betankt werden. Allgemein wurde aufgrund der extremen Handicaps für Turbos kein Pilot dieses Lagers als neuer Weltmeister erwartet.

Dem Kraftstoffverbrauch und der Kraftstoffqualität kam speziell im Verlauf dieser Saison extreme Bedeutung zu. Seitdem sich der Mineralölkonzern Shell 1984 wieder aktiv am F1-Geschehen beteiligte, arbeitete McLaren mit dem Kraftstoff- und Ölpartner vergangener Jahre zusammen. Niki Lauda (1984) und Alain Prost (1985 und 1986) wurden auf McLaren-Porsche Champion. Ab 1988 kooperierte das Team des Briten Ron Dennis mit Honda, Ayrton Senna errang seinen ersten Titel. Wegen des reduzierten Ladedrucks stand die Leistungsentwicklung bei den Spritherstellern nicht mehr im Mittelpunkt. Die Motoren erzielten nun während der Renneinsätze etwa 700 PS. Die Gefahr, wegen der geringen Spritvorräte von nur 150 Litern nicht über die Runden zu kommen, war gewaltig.

Die Saison 1988 sollte von McLaren-Honda dominiert werden, wie dies in der Geschichte der Formel 1 zuvor nie der Fall gewesen war: Ayrton Senna und Alain Prost, im Nachhinein wohl das stärkste Fahrerduo der GP-Historie, gewannen 15 von 16 Rennen - selbst in Monza hätte man triumphiert, doch Senna drehte sich beim Überrunden eines langsameren Fahrzeugs in Führung liegend. Randnotiz: Den Sieg beim Italien-GP trug ein paar Wochen nach Enzo Ferraris Tod Gerhard Berger davon - mit einem roten Renner aus Maranello...

Ayrton Senna holte in jenem Jahr den ersten von drei WM-Titeln, doch eine erfolgreiche Titelverteidigung blieb ihm nach einer kontroversen und von Intrigen geprägten Saison 1989 verwehrt. Prost, noch immer sein Teamkollege bei McLaren, spielte im letzten Jahr der Streichresultate seine ganze Routine aus und holte sich den dritten seiner insgesamt vier Titel. Die Entscheidung fiel beim vorletzten Rennen in Suzuka, wo die beiden Stallrivalen, zu diesem Zeitpunkt bereits verbitterte Feinde, miteinander kollidierten: Prost schied aus, während Senna gewann - und später disqualifiziert wurde, weil er von den Streckenposten angeschoben werden musste...